Seinen ersten Besuch am Rothenbaum wird Julian Reister niemals vergessen. Zehn Jahre war er alt, seine Mutter hatte ihm eine Dauerkarte für Deutschlands wichtigstes Herrentennisturnier geschenkt, und er war mit Stift und Zettel bewaffnet losgezogen, um Autogramme seiner Idole zu sammeln. Als US-Star Pete Sampras auftauchte, witterte der kleine Julian seine Chance - und wurde von einem Leibwächter rüde zur Seite gestoßen.

Heute ist Reister 24 Jahre alt, 188 cm groß, schlägt zum ersten Mal im Rothenbaum-Hauptfeld auf und kann über die Geschichte von damals längst lachen. Als Jugendlicher hatte der Reinbeker, der sich nach dem Realschulabschluss voll auf die 2005 gestartete Profilaufbahn konzentrierte, immer davon geträumt, vor seiner Haustür den ersten ATP-Turniersieg zu schaffen. Jetzt steht er an Position 118 der Weltrangliste und gilt als eine der größten deutschen Hoffnungen auf Sandplatz. Als solche traut er sich mittelfristig einen Triumph in Hamburg zu.

Turnierdirektor Michael Stich freut sich über so viel Selbstvertrauen. Er schätzt an dem St.-Pauli-Fan, der in Kürze in Hamburg in eine WG ziehen will, die Beharrlichkeit, mit der er seine Ziele verfolgt. Reisters bester Kumpel Tobias Kamke, der ebenfalls zum ersten Mal in Hamburg im Hauptfeld steht, lobt besonders dessen Spielübersicht. Er verliere selten die Kontrolle und sei vor allem ein bodenständiger Typ, dessen einziger Luxus das neue iPhone ist.

Autogrammwünsche erfüllt Reister geduldig, er hat sich vorgenommen, jeden Fan glücklich zu machen. Wenn er sich irgendwann seinen Traum erfüllt, dürfte das viel Arbeit werden.