Das Experten-Duo Günther Netzer und Gerhard Delling ist nach der WM Geschichte. Andere Kenner des Fachs wollen in ihre Fußstapfen treten.

Port Elizabeth/Hamburg. Ohne Sticheleien geht es auch in den letzten gemeinsamen Tagen nicht. „Sie sind ja der Mann fürs Rustikale“, grantelte Günter Netzer mit gespielter Abscheu. Und:„Diese dumme Frage braucht eine dumme Antwort.“ Gerhard Delling, der vermeintlich dumme Fragesteller, konterte später, mit Blick auf das Ende der gemeinsamen Auftritte mit seinem kongenialen Partner: „Ich muss ihn motivieren. Das ist gar nicht so einfach.“

Netzer und Delling drehen in Südafrika ihre Ehrenrunden, am 10. Juli ist endgültig Schluss. Die Großmeister der gemeinsamen Fußball-Moderation beenden ihre TV-Zusammenarbeit nach zwei weiteren Viertelfinals und einem Halbfinale beim Spiel um Platz drei in Port Elizabeth.

Netzers trockener Humor aus der Tiefe des Hirns ist in der Fußball-Fernseh-Branche einmalig. Im Zusammenspiel mit dem gelernten Redakteur Delling ergaben sich verbale Doppelpässe, die auch journalistisch und fußball-faktisch höchsten Ansprüchen genügen. Nur hin und wieder machten sie Späße um ihrer selbst willen. Netzer und Delling kultivierten den Schlagabtausch mit dem künstlich beibehaltenem Sie. Abseits der Kamera sind sie schon seit längerem auch privat miteinander verbunden. „Ohne die Freundschaft wäre das nicht möglich gewesen“, erklärte Netzer. „Mit einem Neutrum kann ich nicht an die Grenze gehen – bis zur Beleidigung.“

Hemmungen hatte Netzer in der Tat wenig. „Er teilt ja auch gerne aus“, sagte der Ex-Nationalspieler über seinen Partner Delling. Netzer ist sich bei der Frage nach den munteren Wortwechseln sicher: „Das war nur möglich, weil wir authentisch sind.“ Über sich selber sagte er:„Ich bin kein Show-Mann.“ Trotzdem wurden er und Delling mehrfach geehrt, unter anderem mit dem Grimme-Preis. Inwieweit die kleinen verbalen Scharmützel, die den Unterhaltungswert ja erst ausmachten, abgesprochen, vorbereitet oder spontan waren – das bleibt der Fantasie der Zuschauer überlassen.

FRISCH GESTÄRKT UND DAMPFGEBÜGELT

Sicher aber wirkten sie bei den meisten ähnlich wie beim neuen ARD-Experten Mehmet Scholl: „Die haben mich immer sehr amüsiert. Das war wie Kino.“ Der Ex-Bayern-Star tritt im Duo mit Reinhold Beckmann auf und konnte durch sein ungekünstelte und ehrliche Art schon viele Sympathiepunkte gewinnen.

Das Zweite wartete dagegen mit einer Premiere auf – und die ist weiblich. Mit Katrin Müller-Hohenstein hat das ZDF erstmals bei einer Fußball-WM eine Frau auf der Moderatoren-Position. Die 44-Jährige, seit längerem Sportstudio-Moderatorin, analysiert die Spiele zusammen mit Co-Moderator Oliver Kahn. „Der ist locker, gelöst – und obendrein noch klug“, schwärmt sie. „Wie kaum ein anderer ist Olli in der Lage, sich in jede Situation als Spieler hineinzuversetzen. Er hat ja fast alles selber erlebt.“

In der Beliebtheitsskala steht auch RTL-Experte Jürgen Klopp immer weit oben. 2006 war der Bundesliga-Trainer der Shooting-Star unter den TV-Experten. Damals trainierte er Mainz 05 und trat für das ZDF an, jetzt arbeitet er für Borussia Dortmund und an der Seite von Günther Jauch.

Der Kölner Privatsender hat auch Jürgen Klinsmann verpflichtet. Der frühere Bundestrainer ist am Kap zudem für den amerikanischen Sportsender ESPN und die britische BBC tätig. Seine Experten-Aufgabe interpretiert der Weltmeister von 1990 recht eigenwillig. „Ich will nicht kritisieren oder Polemik reinbringen. Ich möchte rüberbringen, warum gewisse Dinge passieren“, erläutert Klinsmann seinen Job.