Deutschlands Topgolfer Martin Kaymer über fünf sieglose Monate, seine Rückkehr nach Gut Kaden und das Streben nach Perfektion auf dem Platz.

Alveslohe. Martin Kaymer ist an diesem Donnerstagvormittag prächtig gelaunt. Seit einer Woche weilt Deutschlands bester Golfer in der Heimat, er hat die Zeit genutzt, um den Jetlag auszuschlafen und bei seiner Familie zu sein. Und er konnte am Vorabend in Ruhe anschauen, wie die Bayern ins Champions-League-Finale eingezogen sind, ohne fürchten zu müssen, deshalb am nächsten Tag einen Ball nicht zu treffen. "Das Spiel hat richtig Spaß gemacht", sagt der erklärte Anhänger des 1. FC Köln. Da geht auch der Medientermin anlässlich der Schüco Open auf Gut Kaden ganz locker von der Hand.

Hamburger Abendblatt: Herr Kaymer, Sie waren zuletzt 2007 auf Gut Kaden. Hätten Sie gedacht, dass es so lange dauert, bis Sie hierher zurückkehren?

Martin Kaymer: Nie und nimmer. Es war ja ein Riesenturnier, eines von drei deutschen auf der European Tour, und ich war damals ganz frisch dabei. Leider sind aktuell nur noch die BMW Open übrig geblieben. Das zu akzeptieren fällt schwer, wenn man bedenkt, wie viele große Unternehmen und damit potenzielle Sponsoren ansässig sind. Umso schöner, nun hier mal wieder spielen zu können und gerade für die Kinder und Jugendlichen greifbar zu sein. Golf hat in Deutschland eine Riesenchance, weiterzuwachsen. Leider tut sich der Sport hier immer noch schwer.

Warum?

Kaymer: In den USA oder Schweden zahlt man 20 oder 30 Dollar und schlägt auf den Ball. Hier sind sehr viele Regeln zu erfüllen, bevor man endlich auf dem Platz stehen darf. Ich würde mir wünschen, dass diejenigen, die Lust haben, es einmal auszuprobieren, sich erst mal inspirieren lassen können.

Die gescheiterte Ryder-Cup-Bewerbung konnte auch nicht den erhofften Schwung bringen. Was ist schiefgelaufen?

Kaymer: Nach den Gesprächen, die ich auf der European Tour führen konnte, habe ich den Eindruck, dass die Vorbereitung nicht optimal war. Wir brauchen erst einmal einen fertigen Golfplatz, den wir präsentieren können und der die Anforderungen erfüllt. Ich hoffe, dass wir 2022, wenn wir die nächste Chance haben, besser vorbereitet sind.

Sie waren die Nummer eins der Welt. Wie groß ist der Wunsch, es wieder zu sein?

Kaymer: Die Weltranglistenposition ist mir schon wichtig, aber was vor allem zählt, ist, viele, möglichst große Turniere zu gewinnen, dann kommt die Platzierung von allein. Erfolgreich zu sein und Freude auf dem Platz zu haben sind meine größten Ziele.

Sind Sie froh, nicht mehr der Gejagte zu sein?

Kaymer: Eine gewisse Erleichterung war anfangs schon da. Der Druck als Nummer eins war schon zu spüren, die Erwartungshaltung sehr hoch. Wenn man einmal nicht gewonnen hat, wurde gleich von Einbruch oder Loch geredet. Mit der Situation konnte ich zunächst gar nicht umgehen, weil ich sie nicht kannte. Ich musste viele Dinge neu lernen. Man wurde zu vielen Events eingeladen, es wurden andere Fragen gestellt. Darauf war ich nicht vorbereitet. Das wird nächstes Mal anders sein.

In Ihrem Internet-Gästebuch haben Sie viele kluge Ratschläge bekommen.

Kaymer: Manchmal kann ich den Käse nicht mehr hören. Ich bin doch keine Maschine! In einer Karriere kann es nicht immer nur bergauf gehen. Im Übrigen geht es bei mir nicht bergab. Ich spiele seit eineinhalb, zwei Jahren gutes Golf, sonst könnte ich mich nicht unter den ersten zehn der Welt halten.

Sie sind seit Ihrem Sieg in Shanghai Anfang November sieglos. Nagt so eine Durststrecke am Selbstvertrauen?

Kaymer: Teilweise ist es schon frustrierend. Denn wirklich zufrieden bin ich erst, wenn ich gewinne. Bis es wieder klappt, ist es nur eine Frage der Zeit, ich tue alles dafür und bin nahe dran. Aber Geduld gehört beim Golf dazu.

Haben Sie die?

Kaymer: Ja. Ich bin erst 27. Schauen Sie sich Bernhard Langer an: Ich kann noch 25 Jahre spielen.

Haben Sie das vor?

Kaymer: Ich habe vor, so lange zu spielen, wie es mir Spaß macht. Den habe ich, wenn ich voll motiviert bin. Ich habe das Glück, mir aussuchen zu können, wie lange und wie viel ich spiele.

Dosieren Sie auch deshalb Ihre Einsätze - drei Wochen spielen, drei Wochen Pause -, um nicht in ein Loch zu fallen?

Kaymer: Das ist ein Grund unter mehreren. Vor allem aber will ich bestmöglich auf die Turniere vorbereitet sein. Und natürlich brennt man nach einer Pause darauf, sich wieder zu zeigen.

Denken Sie beim Schlag an die Technik?

Kaymer: Zwei, drei Routinen gehen einem schon durch den Kopf. Das wird sich auch nie ändern. Golf ist nun mal eine Sportart, bei der man nie sagen kann: Jetzt kann ich es. Man darf sich nie zur Ruhe setzen, das ist auch das Schöne daran. Wenn man zu locker wird, wird man gleich wieder vor den Kopf gestoßen. Man muss weitertrainieren, um erfolgreich zu sein.

Ist das ein Problem, das der deutsche Nachwuchs hat?

Kaymer: Einige verlieren vielleicht zu schnell den Fokus, die Motivation, die Liebe zum Golf. Wichtig ist, dass man sich nicht zu viel Druck macht, sonst baut man sich selbst Hürden auf. Man darf nie vergessen, dass es ein Spiel ist.