Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Die Zahl klingt imposant. 57 Hamburger Sportler haben 113 Tage vor Beginn der Olympischen Sommerspiele noch die theoretische Chance, sich für London zu qualifizieren. Weil bis zum Nominierungsschluss am 9. Juli nicht bei allen alles optimal laufen wird, dürften am Ende 20 bis 30 Athleten die Tickets lösen, eingerechnet dabei die wohl sieben Teilnehmer an den anschließenden Paralympics. Das wären dann ähnlich viele wie vor vier Jahren in Peking (20 plus fünf), aber dreimal so viele wie vor 20 Jahren 1992 in Barcelona, als gerade sieben Olympiastarter aus Hamburg kamen.

Der zahlenmäßige Fortschritt ist vor allem einer Sportart zu verdanken, dem Hockey. 18 Damen und Herren können sich berechtigte Hoffnungen auf einen Platz in der Olympiamannschaft machen. In anderen Disziplinen, und das trübt das Bild der Sportstadt, hinken Hamburger der nationalen Spitze weiter hinterher. Was zudem nachdenklich stimmt: Aussichtsreiche Olympiakandidaten wie der Weitspringer Sebastian Bayer oder die schwimmenden Deibler-Brüder sind nicht das Ergebnis gezielter Nachwuchsarbeit, sondern gelungener Anwerbung. Trotz einer immer besseren Infrastruktur (Olympiastützpunkt in Dulsberg), nachhaltigen Fördermaßnahmen (Team Hamburg) und wirtschaftlicher wie staatlicher Unterstützung (Stiftung Leistungssport) sind die Erträge dürftig. Das liegt zum größten Teil an den Verbänden, die Talentsichtung und -schulung erst in jüngerer Vergangenheit entdeckt haben. Die Olympischen Spiele in London kommen deshalb für den Hamburger Sport noch zu früh.