Ohne die verletzte Andrea Petkovic geht Deutschland aber als Außenseiter in das Erstrundenspiel gegen den Titelverteidiger aus Tschechien.

Stuttgart. 20 Jahre ist der letzte Fed-Cup-Sieg der deutschen Tennis-Damen her. Dieser Erfolg soll in diesem Jahr endlich wiederholt werden. Die neu hinzu gewonnene Qualität im Team lässt Tennis-Deutschland hoffen.

Sauer wird Barbara Rittner nur selten und Fragen beantwortet die Chefin der deutschen Tennis-Damen immer noch in aller Seelenruhe. Vor der Erstrundenpartie im Fed Cup gegen Titelverteidiger Tschechien am Sonnabend und Sonntag in Stuttgart aber musste sich Rittner doch einmal kräftig wundern und kurz schütteln. Ihren Spielerinnen wurde das „schwache Abschneiden“ bei den Australian Open vorgeworfen. „Und das bei zwei Achtelfinalteilnahmen. Das lasse ich nicht so stehen“, erwiderte Rittner.

+++Rittner träumt vom Fed-Cup-Triumph+++

Es ist die gestiegene Erwartungshaltung an die Powerfrauen des Deutschen Tennis Bundes (DTB), die den Druck im beschaulichen „Ländle“ in lange ungeahnte Dimensionen steigen lässt. Rittner versucht daher Vieles, um die Favoritenrolle dorthin zu schieben, wo sie hingehört: „Wir müssen schon sehr gutes Tennis zeigen, um den Titelverteidiger zu schlagen.“

Eine breitere Brust hätte Rittner, die 1992 an der Seite von Steffi Graf und Anke Huber den Federations Cup einst selbst gewonnen hatte, wenn ihre etatmäßige Nummer eins fit wäre. Doch Andrea Petkovic leidet noch immer an ihrer komplizierten Rückenverletzung, die sie bereits zur Absage der Australian Open gezwungen hatte.

Das breite Kreuz der Top-10-Spielerin aus Darmstadt kann den Druck, der auf dem jungen deutschen Team lastet, daher nicht absorbieren. Zwar wird Petkovic am Wochenende auf der Bank als Einpeitscherin für Stimmung sorgen, die Last liegt jedoch bei Sabine Lisicki als neue Nummer eins.

Angst vor großen Namen hatte die Berlinerin allerdings noch nie. „Die Rolle bedeutet keinen zusätzlichen Druck für mich. Die Nummer eins motiviert mich eher“, sagte Lisicki, die auf dem Stuttgarter Hardcourt auch auf eine der momentan besten Spielerinnen der Welt treffen wird.

Petra Kvitova strotzt als Wimbledonsiegerin und Nummer zwei des Rankings nur so vor Selbstvertrauen. Beim Training gab sich die 21-Jährige betont locker und kickte ganz ansehnlich beim Fußball-Tennis. „Sie ist zurecht die Nummer zwei, spielt konstant und will das Spiel dominieren“, erklärte Lisicki die Stärken ihrer Kontrahentin. Der Respekt ist deutlich zu spüren, von Furcht weit und breit keine Spur.

„Ich habe die Waffen, sie zu schlagen“, fügte Lisicki ohne zu zögern an. Die knappe Dreisatzniederlage gegen die spätere Finalistin Maria Scharapowa im Achtelfinale von Melbourne hat ihr zusätzlichen Aufwind gegeben. Den nächsten Schritt peilt die 22-Jährige mit einem der härtesten Aufschläge der WTA-Tour im Fed Cup an.

Mit ihrem unerschütterlichen Selbstbewusstsein ist Lisicki eine würdige Vertretung für Petkovic. In ihrem Schatten duellieren sich derzeit noch zwei Spielerinnen, um die Gunst von Teamchefin Rittner. Julia Görges (Bad Oldeslohe) und Angelique Kerber (Kiel) liegen „ganz nah beisammen“, Rittner will erst „abwarten und Trainingseindrücke sammeln, bevor ich verrate, wer im zweiten Einzel antreten wird.“ Auch das Doppel nominierte sie noch nicht und lässt dem Gegner damit die quälende Ungewissheit. Gute Chancen dürfte sich dort allerdings Spezialistin Anna-Lena Grönefeld aus Nordhorn ausrechnen.

Die Trümpfe im Aufstellungspoker hat Rittner also noch nicht ausgespielt, sie mag es, die Karten in der Hand zu halten. Die Kontrolle der Erwartungshaltung ist der Teamchefin dagegen entglitten, was sie jedoch selbst als Wertschätzung für ihre Mädels deutet. „Wenn einiges zusammenkommt, können wir jeden schlagen. Ich weiß, dass die Qualität noch nie so hoch war“, sagte Rittner. Ganz egal, was die Leute über das Abschneiden ihrer Schützlinge bei den Australian Open denken. (abendblatt.de/sid)