Profiboxer Jürgen Brähmer fiel nach mehreren Kampfabsagen beim Universum-Stall in Ungnade - am Sonnabend gibt er sein Comeback.

Hamburg. Jürgen Brähmer schaute irritiert, als er am Montag die Worte vernahm, die Waldemar Kluch an ihn richtete. Der neue Geschäftsführer des Profiboxstalls Universum nutzte die Pressekonferenz für den Kampfabend am Sonnabend im Elysée-Hotel am Dammtor, um ein Loblied auf den früheren Halbschwergewichts-Weltmeister zu singen. "Ich danke dir für das offene Gespräch und dafür, dass du uns das Vertrauen schenkst", sagte Kluch. Brähmer, nie um das letzte Wort verlegen, brachte nicht mehr als ein überraschtes "nicht dafür" über die Lippen. Der 33-Jährige ist es zwar gewohnt, von seinem Promoter gelobt zu werden. Aber nach den Querelen der vergangenen Monate war eine solche Zuneigung auch für ihn überraschend.

Lange standen die Zeichen zwischen Universum und dem einstigen "Jahrhundert-Talent" auf Trennung. Weil der Schweriner, der zuletzt im April 2010 im Ring stand, wegen eines Magen-Darm-Infekts im Januar 2011 die Titelvereinigung mit WBA-Champion Beibut Shumenov in Kasachstan abgesagt hatte und dann im April wegen eines Cuts am Auge nicht gegen den Waliser Nathan Cleverly hatte antreten wollen, war nicht nur sein WBO-WM-Titel futsch gewesen, sondern auch jegliches Vertrauen vonseiten des damaligen Universum-Chefs Klaus-Peter Kohl. Dieser warf seinem einstigen Lieblingsboxer intern vor, sich vor den Kämpfen gedrückt zu haben. Brähmer dagegen war erzürnt darüber, dass man ihn, so seine Sicht, zweimal im Ausland habe opfern wollen. Er werde "nie wieder in den Ring steigen, wenn ich nicht hundertprozentig fit bin. Das wäre zweimal fast schiefgegangen, und ich will mich nie mehr wissentlich einem solchenRisiko aussetzen", sagte er.

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Seitdem herrschte zwischen Kohl, der im Juni 2011 abtrat und an Kluch übergab, und Brähmer großer Verdruss, der beinahe zum endgültigen Bruch geführt hätte. Erst das von Kluch so gelobte intensive Gespräch brachte Brähmer zum Umdenken. "Wir haben eine für beide Seiten befriedigende Lösung gefunden", sagt der Boxprofi. Konkret sah diese Einigung so aus, dass Brähmer einen Vertragsentwurf ausarbeiten ließ und diesen Kluch übergab mit der Maßgabe, er könne unterzeichnen oder einen Auflösungsvertrag aufsetzen.

Angebote habe es einige gegeben, so wurde unter anderem kolportiert, Felix Sturms Manager Roland Bebak habe versucht, Brähmer einen Wechsel schmackhaft zu machen. Kluch unterschrieb, weil er weiterhin auf Brähmer setzt. "Er ist ein echter Typ, der dem Boxen guttut. Jürgen muss Vertrauen spüren. Das war zuletzt nicht mehr so, doch das ist abgehakt. Wir starten noch einmal gemeinsam durch und wollen noch in 2012 eine WM mit ihm veranstalten."

Am Sonnabend (22 Uhr, Sport 1 live) tritt Brähmer im Elysée-Hotel zu einem Aufbaukampf über acht Runden gegen den spanischen Meister José Maria Guerrero an. "Das ist ein guter Boxer, aber wenn ich noch in diesem Jahr wieder um die WM kämpfen will, dann muss ich ihn klar besiegen", sagt Brähmer. Trainer Michael Timm glaubt, dass sein Schützling in der Verfassung der vergangenen Wochen beide Ziele erreichen wird - sowohl einen Sieg über Guerrero als auch einen neuen Anlauf auf den WM-Thron. "Jürgen ist wieder motiviert und in Topform", sagt er. Es ist nun an Brähmer, die Vorschusslorbeeren zu bestätigen.