Der Bundestrainer setzt weiter auf die formschwachen Klose und Podolski. Kuranyi ist nach wie vor in der Warteschleife.

Berlin/München. Joachim Löw bleibt auf Distanz zu Kevin Kuranyi, an der WM-Nominierung der Streitfälle Miroslav Klose, Lukas Podolski und auch Mario Gomez aber lässt der Bundestrainer keine Zweifel. „Ich weiß, dass in dieser Saison die Erfolgserlebnisse bei ihnen nicht sehr häufig waren. Dennoch zweifle ich bei keinem an der Qualität“, sagte Löw zur heiß diskutierten Stürmer-Auslese und konkretisierte im Fachblatt „kicker“ am Montag seine WM-Pläne.

Löw legte sich auf fünf Angreifer-Plätze in seinem 23-köpfigen Weltmeisterschafts-Kader fest: Klose, Podolski und Gomez stellte er quasi schon das Ticket für Südafrika aus. Der Münchner Aufsteiger Thomas Müller hat beste Chancen – und auch England-Legionär Robert Huth darf hoffen. Kuranyi ist weiter in der Warteschleife. Ein vorab wohl unerlässliches klärendes Gespräch mit dem von ihm verbannten Schalke-Stürmer, der mit 18 Saisontoren in der Bundesliga die Debatte um seine Begnadigung angeheizt hatte, hat Löw bislang nicht fest eingeplant: „Muss man sehen. Kann sein“, äußerte der 50-Jährige.

Löw weicht keinen Zentimeter von seiner Linie ab und lässt sich auch von den jüngsten Vorwürfen des ausgemusterten Torsten Frings („Dass es in der Nationalmannschaft nicht nur nach Leistungen geht, wissen wir ja alle“) nicht aus der Ruhe bringen. „Man kann sicher sein, dass wir klare Vorstellungen für die einzelnen Positionen haben. Danach beurteilen wir Leistungen“, betonte der Bundestrainer, für den Kuranyi nicht das Thema Nummer eins ist. „Es wurde so dargestellt, als würden wir drei Tage allein über Kevin Kuranyi sprechen. So war es mit Sicherheit nicht.“

Bei der Nominierung des vorläufigen Südafrika-Kaders am 6. Mai in Stuttgart will sich Löw trotz vielfältiger Personal- und Terminsorgen auf höchsten 26 Spieler beschränken. Drei Akteure müssten dann bis 1. Juni gestrichen werden. Mit diesem Casting hatte der Bundestrainer schon vor der EM 2008 gute Erfahrungen gemacht. Zwar gebe es auch die Möglichkeit, in zwei Wochen die 23 WM-Fahrer direkt zu benennen, aber „damit gehen wir ein Risiko mit Verletzungen bei möglichen Endspielen des HSV und der Bayern ein“, bemerkte Löw. Nach den beiden Halbfinals in der Champions und Europa League will er definitiv festlegen, wie groß der Kader am 6. Mai sein wird.

Alle Überlegungen zu seiner eigenen Zukunft hat Löw erst einmal auf Eis gelegt, obwohl er nach der geplatzten Vertragsverlängerung mit dem Deutschen Fußball-Bund Angebote bekommen hat. „Einige; ich habe alle abgeblockt“, berichtete der Bundestrainer, der noch immer eine Fortsetzung seines DFB-Engagements gemeinsam mit Teammanager Oliver Bierhoff für reizvoll hält: „Es wäre wünschenswert, dass die Zusammenarbeit so fortgesetzt werden kann“, sagte Löw, betonte aber auch: „Meine ganze Energie gilt der WM.“

Viel mehr als mit Kuranyi und seiner weiteren Laufbahn beschäftigt er sich mit den schwächelnden Klose, Podolski und Gomez: „Ich mache mir Gedanken, wie wir diese Spieler in drei, vier Wochen wieder in eine gute Verfassung bringen. Und ich bin überzeugt, dass wir das schaffen können.“ Man müsse auch „berücksichtigen“, dass Kuranyi vom Typus her Gomez und Klose ähnlich sei, meinte Löw, der als andere Stürmer-Typen noch den Leverkusener Stefan Kießling und den Stuttgarter Cacau zur Wahl hat.

Zudem sieht Löw im 20 Jahre jungen Müller trotz „eines körperlichen Durchhängers“ eine echte Alternative für das WM-Turnier, das für Deutschland am 13. Juni gegen Australien beginnt. „Er hat Drang zum Tor, macht lange Wege, geht in den Sechzehner, schießt Tore“, lobte der DFB-Chefcoach das Münchner Talent. Dagegen sieht er bei Thomas Hitzlsperger, der bei Lazio Rom kaum spielen darf, ein größeres Problem: „Das ist nicht einfach.“

Eine personelle WM-Überraschung, wie sie vor dem „Sommermärchen“ 2006 der damalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann in David Odonkor präsentierte, schloss Löw praktisch aus: „Im Moment sehe ich keinen, den man aus dem Hut zaubert.“