Der Olympiasieger feierte 20 Monate nach der Sensation von Peking eine gelungene Rückkehr auf die Heberbühne.

Minsk. 251 Kilogramm. Das Gewicht eines Klaviers hatte Matthias Steiner auf die Hanteln legen lassen. Und tatsächlich wuchtete der Gewichtheber aus Chemnitz beim Stoßen diese Last beinahe in die Höhe. "Ich habe sie umgesetzt", sagte Steiner, "aber dann hat die Kraft gefehlt." So beendete der Olympiasieger von Peking 2008 sein unter dem Strich durchaus gelungenes Comeback bei den Europameisterschaften in Minsk mit der Bronzemedaille. "Es klappt halt nicht immer. Schade", winkte Steiner dennoch fröhlich von der Bühne.

Mit einer Gesamtlast von 426 Kilogramm (190 im Reißen, 236 im Stoßen) belegte Steiner im letzten Wettkampf der Titelkämpfe, dem Superschwergewicht, den dritten Platz. Die stärksten Männer Europas, der russische Olympia-Zweite Jewgeni Tschigischew mit 440 Kilo (205+235) und der Armenier Ruben Alexanjan mit 432 Kilo (195+237) lagen durchaus in Reichweite. Mit Recht sagte Steiner: "Ich habe mir den Sieg zugetraut. Nun habe ich immerhin Bronze, und fast hätte es sogar zu Gold gereicht. Das motiviert."

Nur ein Kilo hinter dem Bronzeplatz landete Almir Velagic (Kaufbeuren) mit 190 und 235 Kilo dank einer persönlichen Bestleistung auf Platz vier.

20 Monate lang hatte Matthis Steiner seit seinem sensationellen Auftritt auf der olympischen Bühne von Peking keinen internationalen Wettkampf mehr bestritten. Damals hatte der 144 Kilo schwere Athlet mit 461 Kilogramm (203 im Reißen, 258 im Stoßen) die Goldmedaille erobert. Dass es zu diesen Ergebnissen in der unterkühlten Minsker Eishockey-Halle noch nicht reichen würde, war Steiner selbst klar. "Ich bin lange noch nicht so fit wie damals", sagte er. "Von meiner Bestleistung bin ich weit entfernt."

Steiners langjähriger Trainer Frank Mantek hatte für den Medaillenkampf in Minsk das Ziel "430 Kilo plus X" ausgegeben, war aber am Ende "insgesamt zufrieden". Seine Begründung: "Der Wiedereinstieg ist geglückt. Die 251 Kilo waren zwar noch zu viel, aber damit hatte die Konkurrenz nicht gerechnet. Das sind genau die Situationen, die Matthias braucht."

Natürlich war der Olympiasieger anfangs enttäuscht: "Ich mache immer wieder den Fehler, dass ich meine eigenen Erwartungen zu hoch ansetze. Und dann wird es Mist." In der technisch anspruchsvollen Disziplin Reißen scheiterte er nach dem mühsam geschafften Auftaktversuch (190) zweimal an 195 Kilogramm, weil er die Last nicht sauber über dem Kopf fixieren konnte. Im Stoßen wuchtete Steiner dann zunächst 236 Kilogramm sicher in die Höhe, ehe er sich dann mit einem Urschrei an die seit Peking nie wieder geschaffte Last versuchte. Am Ende aber fehlte die letzte Armkraft, um die Hantel in der Höhe zu halten.

Bis zum Saison-Höhepunkt, der zur Olympia-Qualifikation zählenden Weltmeisterschaft im September in Antalya bleibt Steiner noch viel Arbeit. Doch die Konkurrenz weiß jetzt: der junge Vater - Steiners Sohn Felix wurde im März geboren - hat sich in der Elite der Giganten zurückgemeldet. In der vergangenen Saison hatte er auf die internationalen Meisterschaften verzichtet, weil er nach einer Leisten-Operation nicht mehr in Form kam. Seither war der gebürtige Österreicher nur in Bundesliga-Kämpfen angetreten.

Erfolgreichste Nation der Europameisterschaften war Russland mit 12 Titeln und insgesamt 28 Medaillen. Die Türkei gewann zehnmal Gold, Gastgeber Weißrussland neunmal.