Hamburg. Millionen Menschen auf der ganzen Welt haben sich am Sonnabend an der Aktion "Licht aus für den Klimaschutz" beteiligt. In Belgien wurde sogar die Autobahnbeleuchtung gelöscht, auch am Brandenburger Tor in Berlin standen die Menschen im Dunkeln.

Steffen Kretschmann dürfte sich gewünscht haben, dass die Sporthalle Hamburg in die Aktion mit einbezogen gewesen wäre. Dann hätte der Schwergewichtsprofi aus Halle an der Saale vielleicht das Glück gehabt, dass sein verheerender Auftritt in der Dunkelheit verschwunden wäre. Doch weil an diesem Abend alle Scheinwerfer auf den 29-Jährigen und dessen Duell mit dem Russen Denis Bakhtov gerichtet waren, gab es für Kretschmann kein Entkommen. Als "Kampf seines Lebens" war das Kräftemessen vom erstmals seit neun Jahren wieder live aus einem Ring übertragenden Privatsender Sat.1 überschrieben worden. Der Profi aus dem Arena-Stall sollte als neue deutsche Hoffnung in der Königsklasse des Berufsboxens aufgebaut werden. Mit einer vierteiligen Dokumentation hatte Sat.1 das Ballyhoo um Kretschmann, der im Juni 2009 gegen Bakhtov in Runde eins k. o. gegangen war, wochenlang angeheizt.

Doch am Ende eines Abends, der als triumphaler Auftakt einer neuen Kooperation zwischen Sat.1 und Arena-Chef Ahmet Öner gedacht war, blieb von dem 196-cm-Hünen nur ein jämmerliches Häuflein Elend zurück. Nach gutem Beginn war Kretschmann von Runde zu Runde unsicherer geworden und hatte schließlich in Runde neun nach mehreren harten Trefferserien zu Kopf und Körper entnervt aufgegeben. Fast wäre es zu einem Eklat gekommen, als der schwache Ringrichter Heinrich Mühmert Bakhtov für ein Nachschlagen nach Kretschmanns Aufgabe mit Disqualifikation bestrafen wollte. Es war Öner höchstselbst, der Mühmert und den vom Weltverband WBA als Supervisor eingesetzten Koreaner Alan Kim davon überzeugte, Bakhtov zum Sieger zu erklären. Eine Geste, die angesichts der Bedeutung des Duells für Öners berufliche Zukunft beachtlich war.

"Ich wollte keinen geschenkten Sieg. Steffen hatte aufgegeben", sagte der Promoter, der mit seinem Sportler, der für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung stand, hart ins Gericht ging. "Steffen muss sich von der Boxbühne verabschieden. Gegen wen will er noch boxen? Meine Mutter? Man sollte ihn ausstopfen und als Musterbeispiel dafür ausstellen, wie man nicht boxen sollte", sagte der Türke. Die frühere Fliegengewichtsweltmeisterin Regina Halmich, die den in 16 Profikämpfen nun zweimal besiegten Sportler als Motivationscoach begleitet hatte, sagte: "Man kann aus einem Pudel keinen Pitbull machen. Steffen sollte konsequent sein und aufhören."

Dass Kretschmanns Auftritt auch der K.-o.-Schlag für Öners Ambitionen war, auf dem deutschen TV-Markt dauerhaft Fuß zu fassen, wollte Sat.1-Sportchef Sven Froberg nicht bestätigen. "Wir werden analysieren, ob der Kampfabend ein Erfolg war und ob wir gemeinsam weitermachen. Wir waren sehr zufrieden und haben neue Lust auf Boxen bekommen", sagte er. Das Quotenziel von drei Millionen Zuschauern wurde mit 2,75 Millionen knapp verpasst, der zweistellige Marktanteil mit 15,7 Prozent jedoch erreicht.

Als mögliche neue Hauptkämpfer boten sich Federgewichtsweltmeister Yuriorkis Gamboa (Kuba), der seinen WBA-Titel durch einstimmigen Punktsieg gegen den Argentinier Jonathan Victor Barros verteidigte, und der Hamburger Mittelgewichtler Mahir Oral, der den Kolumbianer Juan Camilo Novoa durch technischen K. o. in Runde zehn besiegte, an. Einer, der die Kooperation von Arena und Sat.1 auf einen Schlag retten könnte, wäre Felix Sturm. Der Mittelgewichtsweltmeister, der sich mit dem Hamburger Universum-Stall derzeit im Rechtsstreit befindet, wurde dank Öners Hilfe von der WBA zum Superchampion erklärt und dafür im Ring geehrt. "Ahmet unterstützt mich kostenlos in einigen Dingen, dafür bin ich ihm sehr dankbar", sagte Sturm. Allerdings wolle er sich in Zukunft in Eigenregie vermarkten und nicht wieder an einen Promoter binden. Eine Kooperation mit Öner sei aber denkbar. Als TV-Partner soll RTL Sturms für den Herbst geplanten ersten Kampf in Eigenregie übertragen.