Der HSV hat in Flensburg in der Bundesliga noch nie gewonnen. Heute (20.15 Uhr) steigt das nächste Nordderby in der Campushalle.

Hamburg. Am Ende hat Ljubomir Vranjes selbst mal eine Frage: ob es wirklich stimmt, dass die SG Flensburg-Handewitt die letzte Mannschaft ist, bei der der HSV Hamburg in der Handball-Bundesliga noch nie gewonnen hat? "Das wusste ich ja gar nicht", gibt der Teammanager der SG zu. Aber im Grunde spiele das auch keine Rolle. Über den Ausgang des heutigen Spiels in der Campushalle (20.15 Uhr/DSF) entscheide schließlich nicht die Geschichte, sondern die aktuelle Form. Und über die lassen sich im Vorfeld keine glaubwürdigen Voraussagen treffen - aus unterschiedlichen Gründen.

Der HSV hat am vergangenen Sonnabend beim 32:31-Sieg gegen den TBV Lemgo 50 Minuten lang gespielt wie ein kommender deutscher Meister. Haften geblieben ist allerdings der verheerende Eindruck der Schlussphase, in dem der Tabellenführer den Sieg nach einer Neuntoreführung beinahe noch weggeworfen hätte.

Auch die Flensburger haben ihre letzte Partie gewonnen, nur war das ein Testspiel in Aarhus. Den Ausflug ins benachbarte Dänemark haben die Flensburger vergangene Woche eingeschoben, weil im ansonsten dicht gedrängten SG-Spielplan plötzlich eine Lücke von 15 spielfreien Tagen klaffte. Die Mannschaft von Trainer Per Carlén ist also ausgeruht, so viel ist sicher. Aber ob die lange Pause nun ein Vorteil ist oder nicht, da will sich Vranjes nicht festlegen: "Wir fühlen uns jedenfalls ganz gut."

Es ist wohl auch das gute Gefühl, als bereinigter Tabellendritter (36:10 Punkte) die Erwartungen deutlich übertroffen zu haben. "Die Flensburger sind für mich die Überraschung der Saison", sagt Hamburgs sportlicher Leiter Christian Fitzek. Als einzige Mannschaft haben sie in diesem Jahr noch kein Spiel verloren, obschon sie bis Saisonende ohne ihren Topkreisläufer Michael Knudsen auskommen müssen. "Aber wir haben ein gutes Kollektiv", sagt Vranjes, "in dem jeder um seine Rolle weiß, wenn ein anderer ausfällt."

Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, aber der frühere schwedische Weltklassemann weiß, dass es das nicht immer war. Bei der Zusammenstellung der Mannschaft habe deshalb weniger das Potenzial als vielmehr der Charakter der Spieler Ausschlag gegeben.

Was nicht heißt, dass es in Flensburg nicht auch ein paar Ausnahmekönner gibt. Trainersohn Oscar Carlén (21) ist so einer. Die halbe Liga soll hinter dem Linkshänder her sein, HSV inklusive. "Er ist sehr gut, aber er hat noch viel zu lernen", sagt Vranjes über seinen Landsmann. Wenn Carlén sofort Meister werden wolle, führe an einem Vereinswechsel kein Weg vorbei. Aber, das ist Vranjes' Überzeugung: "Wir werden auch deutscher Meister werden." Nicht jedes Jahr, dafür sei die Finanzkraft von Teams wie Hamburg, Kiel und Mannheim zu groß: "Wir können eine Rolle spielen wie Bremen im Fußball."

Vranjes spricht von einer "Vision". Deren Konturen sind vielleicht noch ein bisschen verschwommen, so wie auf manchen seiner Schwarzweißfotografien, die der Teammanager von Zeit zu Zeit ausstellt. "Aber wir sind auf einem guten Weg."

Ein Sieg im Nordduell heute wäre ein weiterer Schritt. Ein "Endspiel" sei es für beide Mannschaften: für den HSV um den Titel, für die SG um den dritten Champions-League-Startplatz. Eine Verlängerung wird es aber auch im Fall eines Unentschiedens nicht geben.