Nach einer mehrstündigen Präsidiumssitzung erklärte Dr. Theo Zwanziger seinen Verbleib als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes.

Frankfurt/Main. Seit 11.00 Uhr tagte das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes, um die Konsequenzen aus der Affäre Manfred Amerell zu beraten. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit ging es dabei vor allem um das Krisenmanagement des Präsidenten Dr. Theo Zwanziger im aktullen Schiedsrichter-Skandal. Das Ergebnis der Sitzung verkündete Zwanziger höchstpersönlich im Hotel Steigenberger Airport in Frankfurt am Main. Um 17.30 Uhr Ortszeit trat der zuletzt viel kritisierte DFB-Päsident vor die Kameras und teilte seinen Verbleib mit. Er äußerte sich glücklich über das klare Votum für seine Person. „Ich bin sehr zufrieden und habe mich sehr über den Vertrauensbeweis von Vorstand und Präsidium gefreut". Zwanziger betonte aber auch: „Ich klebe nicht an meinem Amt. Mich wird man nicht auf einem Stuhl raustragen, in dem ich den Kopf nicht mehr gerade halten kann.“

Franz Beckenbauer und Gerhard Mayer- Vorfelder hatten Zwanziger zuvor den Rücken gestärkt. „Das kann nicht sein, dass Theo Zwanziger wegen dieser Geschichte zurücktritt. Der Fall Amerell ist es nicht wert, ein solches Amt aufzugeben. Der deutsche Fußball braucht Theo Zwanziger“, sagte der „Kaiser“ in einem „Bild“-Interview. Fast vier Stunden tagte am Freitag in Frankfurt/Main das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), ehe die Funktionäre in der Otto-Fleck-Schneise den Saal für die erweiterte Vorstandssitzung wechselten. Erst bei einer Pressekonferenz am Abend wollten Zwanziger und Liga-Chef Reinhard Rauball Rede und Antwort stehen.

Ehrenpräsident Mayer-Vorfelder, der zwischen 2004 und 2006 gemeinsam mit Zwanziger die DFB-Doppelspitze bildete, betonte vor Sitzungsbeginn: „Ich habe vollstes Vertrauen, dass der Präsident die richtigen Entscheidungen treffen wird. Ich denke nicht, dass es um seine Person geht.“ Zwanziger ist wegen seines Krisenmanagements im Fall Manfred Amerell in die Kritik geraten und wollte nun sein Standing bei den Verbandsfunktionären abklopfen. Um kurz vor 11.00 Uhr war Zwanziger in den Sitzungsraum geeilt, das große Medienaufgebot musste vor der DFB-Zentrale warten.

Der angehende Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel äußerte sich am Nachmittag zufrieden über die Präsentation seines Reformpapiers vor dem DFB-Präsidium. „Ich hatte das Gefühl, dass unser Konzept sehr positiv aufgenommen wurde. Jetzt müssen wir sehen, was entschieden wird“, sagte Fandel. Der frühere Weltklasse-Schiedsrichter hatte gemeinsam mit DFB-Abteilungsleiter Lutz Michael Fröhlich und Hellmut Krug von der DFL ein Zukunftskonzept erarbeitet. Bei den Schiedsrichter-Ansetzungen soll künftig jegliche Art der Multifunktionalität vermieden werden, die Benotung durch die Schiedsrichterbeobachter an Bedeutung verlieren. Zudem sollen junge Referees künftig von mehreren Mentoren betreut werden.

In der „Causa Amerell“ stehe der ganze DFB hinter Zwanziger, erklärte Beckenbauer. Er übte aber auch Kritik an der Vorgehensweise des Verbandes und des 64-jährigen Spitzenfunktionärs. „Sicher sind auch Fehler gemacht worden. Vielleicht wäre der DFB besser beraten gewesen, diese Angelegenheit gleich dem Staatsanwalt zu übergeben. Aber das kann überhaupt kein Grund für Zwanzigers Rücktritt sein“, meinte Beckenbauer. „Völlig ausgeschlossen“ sei, dass er Nachfolger von Zwanziger werde. „Nicht eine Sekunde käme ich auf die Idee, DFB- Präsident zu werden“, sagte der 64-Jährige. „Ich bin der Meinung, Zwanziger muss die Sache jetzt durchziehen, und der DFB muss auch voll hinter ihm stehen. Da muss er jetzt durch.“

Als Präsident des größten Sportfachverbandes der Welt mit seinen 6,7 Millionen Mitgliedern erklärte Zwanziger seinen 18 Kollegen im Präsidium und auch den insgesamt 57 Vorstandsmitgliedern, warum der DFB so spät von den gegen Amerell erhobenen Vorwürfen der sexuellen Belästigung erfuhr. Schiedsrichter-Chef Volker Roth hatte die von Bundesliga-Referee Michael Kempter gemachten Aussagen erst einen Monat später weitergeleitet.

Amerell bestreitet die Vorwürfe. Weil der frühere DFB-Funktionär Zwanziger eine einseitige Aufklärung vorwirft, hat der Verband angekündigt, ihn wegen übler Nachrede und Verleumdung anzuzeigen. Amerell sieht dem gelassen entgegen. „Ich glaube, die haben nicht damit gerechnet, dass ich das durchstehe, aber da haben sie mich wohl falsch eingeschätzt“, sagte Amerell der „Augsburger Allgemeinen“.

Er unterstellt Zwanziger zudem, den Unparteiischen Markus Wingenbach aus seinem Heimatverein VfL Altendiez unrechtmäßig befördert zu haben. Beckenbauer forderte ein Ende des Theaters. „Es muss jetzt Schluss sein mit diesen Nebenkriegs-Schauplätzen und Eitelkeiten. In ein paar Wochen haben wir WM. Das ist viel wichtiger als der Fall Amerell.“ Zwanziger befürwortet einen außerordentlichen Bundestag am 30. April, wo Roth vom ehemaligen FIFA-Referee Fandel abgelöst werden könnte. Zu Spekulationen, dass es zum Wachwechsel zwischen ihm und Roth vor dem geplanten Termin im Oktober kommt, wollte sich Fandel nicht äußern. Eine vorzeitige Ablösung werde er auf keinen Fall forcieren, stellte der Konzertpianist aus Kyllburg klar. „Ich bin immer dafür zu haben, etwas Neues zu beginnen. Aber ich würde ungern etwas Altes beenden“, sagte Fandel.