Der frühere Schiedsrichtersprecher wirft dem DFB-Präsidenten vor, dass die Vorgehensweise im aktuellen Fall nur einseitg verlaufen sei.

Frankfurt am Main. Manfred Amerell hat Theo Zwanziger erneut scharf attackiert und dem DFB-Präsidenten im Sitten-Skandal Parteilichkeit vorgeworfen. „Ich werde nie kapieren, dass sich ein Mensch zu so was erdreistet, dass nur einseitig aufgeklärt wird. Das ist die größte menschliche Enttäuschung meines Lebens, dass ein Präsident mit so viel Erfahrung rücksichtslos über Leichen geht“, erklärte Amerell der Sport Bild.

Der Respekt vor Menschen habe Zwanziger in jeder Beziehung gefehlt. „Es ist jeder beschädigt, jeder kaputt“, sagte Amerell, der von „blindwütigen Ermittlungen“ des DFB sprach. Unverständlich sei ihm, „dass man sämtliche Geschichten außer Kraft setzt, die rechtsstaatlich zu beachten sind.“

Der frühere Schiedsrichtersprecher Amerell, der von Bundesliga-Referee Michael Kempter und drei weiteren Unparteiischen der sexuellen Belästigung beschuldigt wird, sieht die Vorgehensweise Zwanziger als Rachefeldzug gegen seine Person an. Grund dafür soll ein verbaler Schlagabtausch zwischen Amerell und Zwanziger sein, der am 31. Januar 2002 stattgefunden haben soll.

Der jetztige DFB-Boss fungierte damals noch als DFB-Schatzmeister. „Irgendwann ist es unter Zeugen in eine Tonart ausgeartet, wo wir Schiedsrichter uns sagten, das lassen wir uns nicht mehr bieten. Da sagte ich: ’Passen sie mal auf, Herr Zwanziger, so können sie mit ihren Angstellten im Hause hier reden, das werden die sich gefallen lassen. Mit mir reden sie so nicht.’ Das hat er mir nie vergessen“, berichtete Amerell.

Laut FIFA liegt die „Verantwortung bei der Aufarbeitung“ des Falls weiter beim DFB. Die Frage nach einer Ansetzung von Kempter bei Länderspielen stelle sich zurzeit aus FIFA-Sicht nicht. Bis zur WM in Südafrika (11. Juni bis 11. Juli) gebe es Testspiele, bei denen die Ansetzung der Schiedsrichter von den jeweiligen nationalen Verbänden vorgenommen werde. Für die WM ist Kempter ohnehin nicht vorgesehen.

Kempters Zukunft als Schiedsrichter sieht der 63-jährige Amerell mehr als skeptisch. „So wie Kempter lügt, pfeift er kein Spiel mehr. Er hat sich leider um Kopf und Kragen gelogen.“ Amerell glaubt aber auch, dass der 27-jährige Kempter „benutzt“ wurde. „Die Interviews und alles, das ist nicht authentisch der Michael Kempter. Weder Wortwahl noch Duktus sind von ihm“, sagte Hotelier Amerell.

Amerell wehrte sich zudem gegen Vorwürfe von Kempter, er habe ihn unter Druck gesetzt, wenn er keine Liebes-E-Mail schrieb. „Wenn ich in meinen Leitz-Ordner schaue, ist es genau umgekehrt“, erklärte Amerell.