Nach der Niederlage gegen Gummersbach folgte ein starker Auftritt in Zagreb. Nun stehen die richtungsweisenden Partien an.

Hamburg. Falls es sie wirklich geben sollte, diese Niederlage zur rechten Zeit, dann mag das 31:39 der HSV-Handballer vom vergangenen Dienstag gegen den VfL Gummersbach eine solche gewesen sein. Denn was die Hamburger im Spiel eins nach dieser Pleite boten, beim 33:29-Erfolg am Sonntag in der Champions League in Zagreb, erinnerte an die besten Auftritte des HSV in dieser an sportlichen Höhepunkten wahrlich nicht armen Saison. Kämpferisch, spielerisch und taktisch knüpfte die Mannschaft an jene beeindruckenden Vorstellungen an, die sie in der Bundesliga-Hinrunde bei den Handball-Experten zum Meisterschaftsfavoriten gemacht hatte.

Nun sind Prozesse innerhalb einer Mannschaft selten mit wenigen Schlagworten zu erklären, nach dem 29:29 am 20. Dezember beim THW Kiel war jedoch ein schleichender Leistungsabfall zu beobachten, ausgenommen die zweite Halbzeit beim 37:26 gegen die Rhein-Neckar Löwen. Der HSV tat sich von Spiel zu Spiel schwerer, warf oft Rückständen hinterher, bis die Probleme gegen Gummersbach kulminierten. Dass die Tabellenführung und der daraus resultierende wachsende Erwartungsdruck auf den Spielern lastete, glaubt HSV-Sportchef Christian Fitzek nicht: "Ich hatte immer den Eindruck, dass alle mit dieser nicht unkritischen Situation professionell umgehen. Hochrechnungen auf die Meisterschaft stellt bei uns keiner an, niemand redet beim Training oder in der Kabine über einen Titelgewinn, die Konzentration gilt der nächsten Aufgabe."

Aber irgendetwas war dennoch schiefgelaufen, vielleicht unbewusst, vielleicht war es eine Mischung aus körperlicher und psychischer Erschöpfung, die zum kollektiven Blackout gegen Gummersbach geführt hatte. Dass die Mannschaft dabei den von ihr hoch geschätzten Trainer Martin Schwalb, der sich in der zweiten Halbzeit zu riskanten taktischen Maßnahmen gezwungen sah (siebter Feldspieler für den Torwart), mit in den Abgrund riss, wird sie als besonders schmerzlich und wohl auch als ungerecht empfunden haben. Das aber könnte genau jenen heilsamen Schock ausgelöst haben, der in Zagreb zuvor verloren gegangenen Willen und Wachsamkeit hervorrief. "Mit einer Leistung wie in Zagreb können wir in dieser Saison alles erreichen", sagte dann auch Fitzek.

Erneutes Nachlassen kommt jetzt nicht mehr infrage. Noch im März entscheidet sich, ob das Rückspiel gegen Dauerchampion Kiel am 22. Mai in der Color-Line-Arena zum Meisterschaftsfinale wird. Nach den Spielen gegen Berlin (morgen, 20.15 Uhr, Color-Line-Arena) und am Sonntag in Melsungen folgen die richtungsweisenden Begegnungen mit drei Spitzenmannschaften der Liga: am 20. März gegen Lemgo, am 23. März bei der SG Flensburg-Handewitt und am 31. März gegen Göppingen.

Nach der Rückkehr von Kreisläufer Bertrand Gille (Achillessehnenreizung) nach 46 Tagen Verletzungspause fällt momentan nur Rechtsaußen Stefan Schröder (Handbruch) aus. Nach der Vorstellung in Zagreb darf davon ausgegangen werden, dass der HSV personell und mental wieder bereit ist, diese Saison zu der erfolgreichsten in der achtjährigen Vereinsgeschichte werden zu lassen.