In Duisburg verpasste das Team erstmals ein Finale. Ursache ist die klare Fokussierung des DHB auf das Feld.

Duisburg. Es war ein Bild, das an beste Hockeyzeiten erinnerte. Während die Spielerinnen aus den Niederlanden enttäuscht auf ihrer Bank kauerten, tanzten die deutschen Damen nach ihrem 4:2 (3:2)-Sieg über den Erzrivalen durch die Rhein-Ruhr-Halle und ließen sich von 2000 Fans feiern. Den meisten Applaus erhielt die Hamburgerin Anneke Böhmert (28, Club an der Alster), die ihre großartige Karriere als beste Torschützin - zwölf der 25 deutschen Tore, davon drei gegen Holland, hatte sie erzielt - beendete. Einziger Schönheitsfehler: Es war nicht das Finale der Hallenhockey-EM, das der Titelverteidiger gewonnen hatte, sondern "nur" das Spiel um Platz drei. Im Endspiel triumphierte erstmals die Ukraine mit HTHC-Spielerin Maryna Vynohradova 6:5 gegen Deutschlands Halbfinal-Bezwinger Spanien.

Das schlechteste Abschneiden einer deutschen Damen-Auswahl - erstmals wurde bei der 15. Auflage der kontinentalen Titelkämpfe unterm Dach das Finale verpasst - war ein weiterer Rückschlag für den Deutschen Hockey-Bund (DHB). Am vorangegangenen Wochenende hatten die Herren in Almere (Niederlande) mit Platz fünf ein historisches Negativergebnis eingefahren. Zwar sollte man die Resultate nicht dramatisieren. Noch immer gehören Deutschlands Hallenteams zu den besten der Welt, sie qualifizierten sich souverän für die Doppel-WM 2011 im polnischen Posen. Dennoch wird man sich daran gewöhnen müssen, bei internationalen Turnieren kein Titelabonnement mehr zu besitzen.

Dieser Fakt liegt nicht nur darin begründet, dass die anderen Nationen, auch dank der Verpflichtung von deutschen Trainern, aufgeholt haben. Er hat auch strukturelle Ursachen. So hat sich der DHB vor wenigen Tagen noch einmal deutlich dazu bekannt, dem Feldhockey wesentlich höhere Priorität einzuräumen als seinem Indoor-Pendant. "Der DHB verkennt nicht, dass Hallenhockey in den Vereinen einen hohen Stellenwert hat, sich jedoch der besonderen Bedeutung des Feldhockeys unterzuordnen hat. Nationalspieler können deshalb verpflichtet werden, kein Hallenhockey zu spielen", stellte der Verband in einer Erklärung auf seiner Internetseite klar. Die Hallen-Nationalkader sollten überwiegend aus Perspektivspielern bestückt werden, ergänzt von wenigen Routiniers, die für die A-Feldkader keine Rolle mehr spielen.

Die Auswirkungen dieser Fokussierung wurden in der Hallen-Bundesligasaison deutlich. Die im A-Feldkader stehenden Herren traten in der Liga überhaupt nicht in Erscheinung, weil sie sich auf die WM in Indien Anfang März vorbereiten mussten. Den A-Kader-Damen war eine Teilnahme freigestellt, während der EM in Duisburg absolvierten sie jedoch zeitgleich einen Lehrgang auf Gran Canaria. "Für den DHB gibt es nur eine Nationalmannschaft, und das ist die für das Feld. Nur Feldhockey ist olympisch, nur darüber generieren wir Fördergelder. Deshalb müssen wir alles tun, um die Feld-Bundestrainer in ihrer Arbeit zu unterstützen", sagt Torsten Bartel, Vorstandssprecher des DHB.

Diese Fokussierung gibt es in großen Hockey-Nationen wie Spanien und den Niederlanden auch. Trotzdem schaffen diese es, die Hallen-Nationalteams bereits Anfang November zusammenzuziehen und sich gezielt auf Turniere vorzubereiten, wie es auch die Ukraine tat. Bundestrainer Marc Herbert dagegen hatte erst drei Tage vor EM-Beginn erstmals mit seinem Kader trainieren können. "Aus meiner Sicht muss die Konsequenz aus diesem Turnier sein, dass wir mehr Zeit zur Vorbereitung bekommen", sagte er, "wir sollten unsere einstige Vormachtstellung nicht einfach so wegschenken. Wir können mehr als Platz drei leisten." Zwei elementare Dinge sprächen, so Bartel, gegen mehr Vorbereitung. "Wir haben kein Geld, um Hallen-Lehrgänge zu finanzieren. Und wir haben einen eng getakteten Ligenbetrieb, den es in den anderen Ländern nicht gibt, und deshalb keine Zeit."

Der Verband ist sich bewusst, dass Hallenhockey für seine Mitgliedervereine ein wichtiges Element für die Grundlagenschulung der Spieler darstellt. Deshalb versucht eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Bundesliga und DHB, die sich heute in Duisburg trifft, für die Zukunft einen Modus zu finden, der alle Bedürfnisse befriedigen kann. Trotzdem weiß Bartel, dass die Resultate von Almere und Duisburg keine Ausrutscher bleiben werden. "Auch wenn es schwer fällt: Daran müssen wir uns gewöhnen."