Der Trainer des FC Bayern München, Louis van Gaal, wirft Bundestrainer Joachim Löw vor, diesem fehle der Respekt vor den Teams der Bundesliga.

Stuttgart. Louis van Gaal hat im Vorfeld der Trainertagung am Montag in Stuttgart für reichlich Zündstoff gesorgt und mit seiner harschen Kritik an Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver Bierhoff die Gemüter erhitzt. „Das ist kein Respekt. Es ist ein internationaler Kalender festgesetzt von der FIFA. Wir sind Klubtrainer und müssen unsere Spieler auch vorbereiten. Wir haben noch Freundschaftsspiele, da können sie das auch machen. Nein, sie müssen das aber in meiner Vorbereitung machen“, echauffierte sich der Trainer von Bayern München nach dem 3:2 des Rekordmeisters in Bremen.

Der Niederländer, der den Kurzlehrgang der deutschen Fußball-Nationalmannschaft mit integriertem Leistungstest und Marketingmaßnahmen von Sonntag bis Mittwoch in der Schwaben-Metropole als „Wahnsinn“ bezeichnet hatte, ließ sich sogar zu einer Drohgebärde gegen die DFB-Führung verleiten: „Ich denke, dass ich recht habe. Und wenn wir wollen, dann können wir sagen, dass die Spieler nicht kommen.“

Da liegt van Gaal, der sich am Montag bei der Trainertagung unter der Leitung von Joachim Löw von seinem Assistenten Hermann Gerland vertreten lässt, allerdings falsch. „Da ist Louis van Gaal vielleicht nicht richtig informiert. Dieser Termin ist zwar nicht von der FIFA vorgegeben, aber wir haben ihn in Absprache mit der DFL und allen Klubs in unserem deutschen Rahmenterminkalender verabschiedet“, sagte der für die Nationalelf zuständige DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach dem Sport-Informations-Dienst (SID). Dafür hätte die Nationalmannschaft auf mögliche Länderspiele im Februar und April verzichtet, zudem sei ein ursprünglich für Mitte Januar geplanter Kurzlehrgang mit Rücksicht auf die Liga und speziell die Münchner abgesagt worden.

Bierhoff, der am Freitag van Gaals Meinung „als nicht so wichtig“, abgekanzelt hatte, gab sich am Sonntag nach den erneuten Attacken des Bayern-Trainers moderat. „Wir stehen mit der Nationalmannschaft in der Verantwortung, eine erfolgreiche WM zu spielen. Diese Meinung teilen alle Bundesligatrainer. Die Meinung von van Gaal ist seine subjektive Sicht, die er so äußern kann“, sagte der frühere DFB-Kapitän. Ihn erstaune aber schon, „dass über einen Test geredet wird, der für Profis aus medizinischer Sicht keine außergewöhnliche Belastung darstellt und von daher keine große Diskussion auslösen sollte“. Die Kritik am Termin wies Bierhoff vehement zurück: „Wir sind wie immer auf die Wünsche der Vereine indviduell eingegangen. Die Termine für die Marketingmaßnahmen von Montag bis Dienstagmittag und den Fitnesstest am Dienstagnachmittag wurden mit der DFL und den Bundesligaklubs abgestimmt.“

Am Freitag hatte Bierhoff noch moniert, „dass der Fußball als Leistungssport von den Trainern lächerlich gemacht wird, wenn man die tatsächlichen Belastungen bei unserem Leistungstest sieht“ und provokativ die Frage gestellt, wie das Training bei den Klubs aussieht, wenn so ein Test eine Belastung sein soll. Dies hatte van Gaal noch einmal auf die Palme gebracht. In Abwesenheit von van Gaal sowie dessen Kollegen Ralf Rangnick (Hoffenheim) und Christian Gross (Stuttgart) will Löw am Montagvormittag den Bundesliga-Kollegen noch einmal seinen WM-Fahrplan erläutern. Dabei erhält der Bundestrainer unter anderem auch für den Fitnesstest viel Rückendeckung. „Das sollte für die Liga kein Problem sein. Wir stehen vor einer WM, da müssen die Fitness-Tests sein“, sagte Trainer-Routinier Jupp Heynckes von Herbstmeister Bayer Leverkusen.

Auch Rangnick und Hannovers neuer Trainer Mirko Slomka unterstützen den Bundestrainer. „Wenn die Nationalmannschaft den Leistungstest nicht machen würde und dann funktioniert es bei der WM nicht, würden alle fragen, warum die nichts getan haben. Die Nationalmannschaft ist wichtig“, sagte Slomka und Rangnick meinte: „Es sind ja nur zwei, drei Tage, und andere Vereine sind auch betroffen.“ Löw ist davon überzeugt, dass er trotz des Störfeuers aus München die Bundesliga mit ins Boot nehmen kann. „Wir haben ein WM-Jahr, und es liegt im Interesse des gesamten deutschen Fußballs, dass wir unser Team optimal vorbereiten. Deshalb gehe ich auch weiterhin davon aus, dass alle Klubvertreter die Nationalmannschaft auf dem Weg zur WM und während des Turniers in Südafrika unterstützen“, sagte der Bundestrainer dem SID.

Unterstützung hinsichtlich des Leistungstests erhielt er auch von DFB-Internist Tim Meyer: „Die Nationalmannschaft braucht ihre eigenen Tests, die die Grundlagen für eine sinnvolle Aufbauarbeit vor allem im WM-Jahr sind.“