Sturm wirft seinem bisherigen Promoter Erpressung vor und will vor der WM in einer Arena kämpfen. Bald will er ein Trainings-Zentrum eröffnen.

Köln. Es ist dieser Moment, als sich Felix Sturm über die Baupläne beugt, in dem schlagartig klar wird, dass er es ernst meint. Bislang wirkte der Streit um seinen Vertrag, den der WBA-Boxweltmeister im Mittelgewicht mit dem Hamburger Universum-Stall führt, wie eine Kraftprobe mit ungewissem Ausgang. Doch wer den 31-Jährigen in seinem neuen Gym in Köln erlebt, der spürt: Hier ist einer, der sein Leben nicht mehr hauptsächlich über seine Fäuste definiert, sondern es in die eigenen Hände nehmen will. Und so sagt Sturm auf die Frage, was ihn treibe: "Ich will frei sein und endlich das tun können, was ich möchte."

Es ist windig-kalt an diesem Nachmittag im Stadtteil Südstadt, und das Gewerbegebiet, in dem Felix Sturms neue sportliche Heimat liegt, wirkt im Schneetreiben so einladend wie eine Bahnhofshalle nach Betriebsschluss. Zwischen Getränkemarkt und Autohändler duckt sich der Flachbau, in dem Sturms Manager Roland Bebak bislang ein Fitnessstudio betreibt. Am Freitag kamen die ersten Container, nun wird das 1200 Quadratmeter große Areal für 250 000 Euro modernisiert.

Spätestens am 29. Februar wollen Sturm und Bebak, beide zu gleichen Teilen an der neuen "Plus One Promotion" beteiligt, hier ein hochmodernes Trainings-Reich eröffnen, mit Büroraum für 14 Angestellte, mit großzügigem Wellnessbereich und den angesagtesten Fitness- und Kraftgeräten. "Felix Sturm Boxing" wird über dem Eingang auf acht Metern Breite stehen, auch im Ring und auf den Geräten. Damit jeder weiß, um wen es hier geht, auch wenn mit Sturms Freunden Maurice Weber und Patrick Dobroschi schon zwei weitere Boxprofis unter Vertrag stehen. Um Felix Sturm.

Das, sagt der Sohn bosnischer Einwanderer, sei bei Universum schon lange nicht mehr der Fall gewesen. Seit Jahren habe er sich nicht mehr ernst genommen gefühlt, weder sportlich noch menschlich. Deshalb zweifelt er per am 8. Dezember eingereichter Feststellungsklage die Wirksamkeit einer Optionsklausel an, nach der sich sein im November 2009 ausgelaufener Dreijahresvertrag laut Universum um weitere drei Jahre verlängert hatte. Sein Rechtsanwalt ist der Hamburger Sebastian Cording, der bereits die Klitschko-Brüder zu einem juristischen Erfolg gegen Universum verhalf.

Anfang Februar, glaubt Sturm, werde es ein vorläufiges Urteil geben, das ihm bescheinige, ein freier Mann zu sein. Bedenken, dass das Gericht zugunsten von Universum entscheiden könnte, hat er nicht. "Jeder, der die Fakten kennt, wird verstehen, dass Universum mit mir sehr viel Geld verdient und mich dabei klein gehalten hat", sagt er. Sollte er Recht bekommen, sagen Experten, wäre das vergleichbar mit dem Bosman-Urteil im Fußball. Viele Boxpromoter müssten dann ihre Verträge überarbeiten.

Darum ginge es ihm nicht, sagt Sturm. Den neuen Vertrag mit der Optionsverlängerung habe er 2006 unterschreiben müssen. "Universum hat mich erpresst. Mein alter Vertrag lief noch 18 Monate, aber man sagte mir, ich müsse einen neuen unterschreiben, um eine neue WM-Chance zu kriegen", sagt er. Schon damals habe er gewusst, dass er nach Ablauf der drei festen Jahre kündigen würde. "Und wenn ich gewusst hätte, was für ein großes Interesse an mir als selbstständigem Unternehmer besteht, hätte ich gar nicht unterschrieben."

Mit dem renommierten Vermarkter Ufa Sports, der eng mit dem TV-Sender RTL kooperiert, hat Sturm jüngst einen Vertrag geschlossen, der ihm für zehn Kämpfe rund 20 Millionen Euro einbringen soll. Der Weltmeister wertet diesen Abschluss als sicheres Zeichen für einen juristischen Erfolg. "Hätte ein Unternehmen wie die Ufa sonst so einen Deal gemacht?", fragt er, es ist eine rhetorische Frage. Er habe noch andere solvente Partner, über die er nicht reden wolle.

Mit US-Startrainer Freddie Roach ist ein neuer Coach bereits gefunden, Fitnessberater Clive Salz und PR-Manager Manfred Meier gehören weiterhin zum Team. Angebote diverser Hallen und TV-Sender gebe es, ein Termin steht auch bereits im Raum. "Wir planen ein richtig großes Event, am liebsten noch vor der Fußball-WM in der Arena in Köln", sagt Sturm, der in allen sportlichen und wirtschaftlichen Fragen Mitspracherecht hat.

Zuletzt hat der 1,81 m große Athlet im Juli 2009 im Ring gestanden. Vor knapp zwölf Wochen kam sein erstes Kind, Sohn Mahir, zur Welt. 88 Kilogramm hatte Sturm danach auf den Rippen. Seit er wieder dreimal pro Woche Sport treibt, hat er drei abgespeckt, sein Kampfgewicht von 72,5 kg zu erreichen, sei das kleinste Problem. "Wenn das Okay vom Gericht kommt und wir den TV-Termin haben, geht das ganz schnell." Sein Vorteil, sagt Sturm, sei doch, "dass ich im Herzen Boxer bin. Selbst wenn ich später mal als Manager oder Promoter arbeite, werde ich immer wie ein Boxer denken." Und nicht, wie er es Universum vorwirft, "immer nur versuchen, das Maximale an Geld abzugreifen".

Und was passiert, wenn das Gericht nun doch gegen ihn urteilt? "Dann höre ich mit dem Boxen auf."

Er ist jetzt ein freier Mann.