Der siebenmalige Weltmeister fuhr 51 Runden im Regen und war angetan: “Alle Sinne wurden wachgerüttelt.“

Hamburg/Jerez. Michael Schumacher machte den Eindruck, als wäre er gerade einer Zeitmaschine entstiegen. Als er gestern um 9.07 Uhr zur ersten Trainingsrunde auf dem Circuito de Jerez aufbrach, schien es, als wären keine drei Jahre seit seinem letzten Rennen vergangen. Der rote Helm, das elegante Hineingleiten ins Cockpit seines Rennwagens, der emporgereckte Zeigefinger beim Aufheulen des Achtzylindermotors, das schnittige Einlenken in die Boxenausfahrt. Die erste Ausfahrt des siebenmaligen Formel-1-Weltmeisters, seit er am 23. Dezember sein Comeback im Grand-Prix-Zirkus erklärt hatte, war fast Routine.

Wer genau hinsah, erkannte die Unterschiede. Im blütenweißen, werbefreien Overall steckte ein 41-jähriger Mann. Ein gesetzter Familienvater, dessen Tochter gerade mal zehn Jahre jünger ist als sein mutmaßlicher Rivale auf der Rennbahn, Sebastian Vettel. Auf dem roten Helm, den 14 Jahre lang das springende Ferrari-Pferd geziert hatte, leuchtete ein weißer Mercedes-Stern. Und dann das Auto: ein blau-weißer Dallara-Rennwagen aus der GP2-Serie. Auch wenn Schumacher die 600 Pferdestärken furios galoppieren ließ, klang das Triebwerk im Vergleich zu einem Formel-1-Herz eher schmalbrüstig. Konkurrenz gab es nicht. Schumacher, Mercedes und die GP2-Serie hatten die Piste exklusiv gemietet. Zwei Mercedes-Ingenieure und ein Physiotherapeut warteten an den Boxen.

Gut gelaunt entstieg Schumacher dem Renner. "Der Tag war schon allein deshalb gut, weil ich nach langer Zeit wieder in einem Auto fahren konnte, das annähernd an die aktuelle Formel 1 herankommt", sagte er. "Ich habe mich auf der Piste sofort wieder wohlgefühlt." Zu mehr als 51 Runden à 4423 Meter langte es aber nicht, Regenschauer zwangen ihn bei kühlen 13 Grad immer wieder zurück an die Boxen. "Das Wetter hat nicht ganz mitgespielt", bedauerte der Altmeister. "Aber trotzdem wurden alle meine Sinne wieder wachgerüttelt." Und er strahlte fast wie bei seiner Formel-1-Premiere im August 1991: "Das allein war es schon wert."

Heute und morgen wird Schumacher seine exklusiven Übungsfahrten fortsetzen, mit denen er das Testverbot der Formel 1 umgeht (siehe Text rechts). Die GP2-Chefs nutzten ihrerseits die Chance, mit dem bestmöglichen verfügbaren Fahrer Weiterentwicklungen zu testen. Mit seinem neuen Mercedes-Silberpfeil wird der Heimkehrer erstmals am 1. Februar in Valencia ausrücken.

Schumachers Test sei so etwas wie ein "Warm-up", sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug. Er soll so viele Runden wie möglich drehen, um das Gefühl für einen Rennwagen im Grenzbereich wiederzufinden. Rückschlüsse auf die Formel 1 sind dennoch nicht möglich. "Die Autos sind nicht zu vergleichen", erklärte Haug. "Ein Formel 1 ist deutlich schneller." Auch die entscheidende Frage, ob Schumachers Nacken anders als beim gescheiterten Ferrari-Test im Sommer den Belastungen standhält, ist nicht zu klären.

Auf jeden Fall hat Michael Schumacher das erste Duell mit seinem potenziellen Nachfolger Sebastian Vettel gewonnen. Der Vizeweltmeister wird frühestens beim zweiten Formel-1-Test vom 10. bis 13. Februar in Jerez in seinem neuen Red Bull RB6 sitzen.