Ein Punkt gewonnen, zwei verdient - das Team von Martin Schwalb verpasst nach klarer Führung den Sprung an die Tabellenspitze.

Kiel. Unentschieden sind im modernen Handball eigentlich gar nicht mehr vorgesehen. 70, sogar 80 Tore sind keine Seltenheit mehr in diesem Spiel. Es ist in den vergangenen Jahren rasend schnell geworden und jeder Versuch zum Scheitern verurteilt, das Tempo zu verschleppen oder ein Ergebnis nach Hause zu spielen. Handballer wissen, wie Siege zu feiern sind und Niederlagen zu betrauern. Aber wie mit einem Unentschieden umgehen?

Diese Frage sprach aus den Gesichtern so ziemlich aller Spieler, die gestern Abend um kurz vor halb acht aus der Kieler Sparkassen-Arena schlichen. Der einheimische THW und der HSV Hamburg hatten den 10 250 entzückten Fans ein Spiel, ja ein Spektakel geboten, das an Intensität und Dramatik schwer zu überbieten war. Schon deshalb hatte sich jede dieser beiden besten Mannschaften Deutschlands einen Punkt in diesem Spitzenspiel verdient. Dieses 29:29 (16:17) ließ keinen Wunsch, aber eben viele Fragen offen. Und einige stellten sich sogar neu.

Die nach dem Umgang mit dem Unentschieden hatten die beiden Trainer bald beantwortet - einheitlich. Martin Schwalb vom HSV war "sehr froh, dass wir diesen Punkt mitnehmen konnten. Wie sich die Mannschaft hier präsentiert hat, spiegelt unsere Saison wider". Und Alfred Gislason musste einräumen, "dass der HSV den Punkt verdient hat. Wir hätten auch verlieren können".

Danach sah es in der ersten Halbzeit lange aus. 17:13 führten die Hamburger nach 27 Minuten. Sie hatten die einfachen Tore geworfen und dem Gegner die schwierigen überlassen, mithin das gemacht, was eine Spitzenmannschaft auszeichnet. Doch nun offenbarte sich, dass auch der deutsche Meister eine solche ist. Kraft ihrer herausragenden Rückraumschützen drehten die Kieler das Spiel und führten nach 39 Minuten ihrerseits 22:19. Zwar ging der HSV später noch einmal in Führung, konnte am Ende aber froh sein, die letzten 16 Sekunden mit sechs Mann unbeschädigt zu überstehen. Seinen Gefühlszwiespalt fasste Marcin Lijewski so zusammen: "Wenn man in Kiel einen Punkt holt, muss man zufrieden sein", sagte der polnische HSV-Rückraumschütze, "aber wir hätten zwei verdient gehabt." Wer nun der Beste im Handballland ist, wird man wohl erst im Rückspiel am 22. Mai erfahren. 16 Spiele muss der HSV bis dahin in der Bundesliga noch bestreiten, das erste am Mittwoch bei der TSV Hannover-Burgdorf, vor der Schwalb "einen Heidenrespekt" hat. Ein anderer Verein jedenfalls, das ist nicht erst seit der gestrigen Niederlage der Rhein-Neckar Löwen in Berlin klar, wird in diesen Zweikampf nicht mehr eingreifen.

Eine Frage, die es nebenbei neu zu klären gilt, ist die nach dem besten Torhüter. Das gestrige Duell hat der HSV klar gewonnen. 21 Würfe konnten Per Sandström und Johannes Bitter entschärfen, Kiels Thierry Omeyer, der als Meister seines Fachs gilt, dagegen nur sieben. Peter Gentzel, der Omeyer für insgesamt zehn Minuten ersetzte, stand dem HSV gar nur zweimal im Weg. "In diesen Vergleichen denken wir nicht", versicherte Nationaltorwart Bitter, der die Schmerzen im linken Ellbogen unterdrückte (siehe unten). Und so blieb es Schwalb vorbehalten hervorzuheben, dass seine Torhüterkombination an diesem prickelnden Abend "superstark" war. So wurde zumindest eine Frage gestern beantwortet: die, ob Sandströms Vertrag in Hamburg über 2010 hinaus verlängert wird.

Tore: Kiel: Ilic 9 (3 Siebenmeter), Jicha 8 (2), Andersson 5, Ahlm 5, Zeitz 1, Klein 1; Hamburg: Hens 6, Jansen 5, Vori 5, Lackovic 3, Lindberg 3 (2), K. Lijewski 2, M. Lijewski 2, Duvnjak 1, B. Gille 1, G. Gille 1. Schiedsrichter : Fleisch/Rieber (Ostfildern/Nürtingen). Zuschauer: 10 250 (ausverkauft). Zeitstrafen : 2; 4.

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