Hamburg beschließt die Hinrunde mit einem 31:26 gegen Balingen-Weilstetten. Lijewski und Hens machten den Unterschied.

Hamburg. Als das letzte Tor geworfen, der letzte Pfiff verhallt, der letzte Sprechchor gesungen war, da hatte Rolf Brack längst gemerkt, dass man in Hamburg nicht gewinnen kann, zumindest nicht an diesem spätweihnachtlichen Sonntag. 60 Minuten lang war seine Mannschaft mit dem jede Tabelle sprengenden Namen HBW Balingen-Weilstetten diesem kühnen Ziel ziemlich nahe gekommen, zwölf Minuten davon sogar in Unterzahl. Aber, und das weiß wohl keiner besser als der promovierte schwäbische Trainerfuchs: "Handballwunder finden nicht alle Tage statt." Schon gar nicht alle vier. Am Mittwoch hatten die kleinen Balinger in der eigenen Sparkassen-Arena den großen THW Kiel mit 39:37 vom Sockel gestoßen. Viel hätte gestern nicht gefehlt, und sie hätten auch den neuen Tabellenführer HSV gestürzt. Dass es dann doch nicht so kam, das, musste Brack zugeben, lag eben nicht nur am fehlenden Heimvorteil oder der schlechteren Tagesform seiner Spieler. Es war einfach die Qualität der Hamburger, die sich im letzten Spiel der Hinrunde mit 31:26 (16:13) durchsetzte.

Herbstmeister dürfen sie sich nun nennen, auch wenn am Mittwoch (20.45 Uhr) noch das Heimspiel gegen Großwallstadt aussteht, bevor die Bundesliga in die Winterpause geht. Natürlich ist das kein offizieller Titel. Und doch ist er sportlich mindestens so hoch einzuschätzen wie die Pokale, die der HSV bisher gewinnen konnte: den DHB-Pokal 2006, den Europapokal der Pokalsieger 2007, dreimal den Supercup. Eine Niederlage in Göppingen, dazu das Remis in Kiel, das sich wie ein Sieg anfühlte - der deutsche Vizemeister hat in der stärksten Liga der Welt fast immer von seiner stärksten Seite gezeigt. Wenn er dieses Niveau in der zweiten Halbzeit der Saison halten kann, wird man das Vize wohl bald streichen können.

"Wir können schon stolz sein auf das, was wir in der Hinrunde geleistet haben", findet Rechtsaußen Stefan Schröder. Um diese Leistung verständlich zu machen, dafür sind die Galasiege wie das 40:25 gegen Düsseldorf Anfang des Monats kein gutes Beispiel. Auch nicht das Unentschieden im Spitzenspiel in Kiel. Zu außergewöhnlichen Leistungen ist Martin Schwalbs Mannschaft von jeher in der Lage. Es sind Spiele wie das gegen Balingen, in denen sich der Unterschied widerspiegelt. Es war gewiss kein gutes Spiel des HSV, eher das Gegenteil davon. Man habe "einige Baustellen aufgemacht", bekannte Schwalb. Unerklärlich die Schwächen im Abschluss, ungewöhnlich auch die Schwäche von Schlussmann Per Sandström, der nur sechs von 24 Würfen zwischen die Finger bekam. Die Balinger verzichteten ihrerseits über weite Strecken gänzlich auf einen Torhüter, aber das schien die nur die Hamburger nervös zu machen. Jedenfalls waren die Tempogegenstöße in der Regel weder tempo- noch erfolgreich, wofür der sportliche Leiter Christian Fitzek um Verständnis warb: "Einige sind wegen der hohen Belastung einfach ausgepowert. Da ist der Geist willig, aber das Fleisch schwach."

Das alles hätte gereicht, um ein Spiel zu verlieren. Wie das den Kielern am Mittwoch passieren konnte, davon bekamen gestern 13 171 Zuschauer in der ausverkauften Color-Line-Arena mehr als eine Ahnung. Aber der HSV hat nun einmal, was Balingen nicht und in dieser Vielzahl wohl nicht einmal der THW Kiel hat: Spieler, die eine Partie allein entscheiden können. Gestern waren es Krzysztof Lijewski und Pascal Hens, die den 13 171 Zuschauern in der ausverkauften Color-Line-Arena das Eintrittsgeld mit Sensationstoren zurückzahlten.

Trotzdem seien Wiederholungen künftig zu vermeiden, mahnte Linksaußen Matthias Flohr: "Die Meisterschaft wird gegen solche Gegner entschieden und nicht in Topspielen gegen Kiel." Am letzten Spieltag im Juni trifft man Balingen wieder. "Ich würde wetten, dass wir dann den HSV dann als Meister küren", sagt Brack. Nicht, dass es kein zweites Handballwunder von Balingen geben könne. Aber der HSV habe in dieser Saison einfach mehr Potenzial als Kiel. "Und hier lechzt alles nach diesem großen Erfolg."

Tore, Hamburg: K. Lijewski 10, Hens 7, Vori 4, Lindberg 3 (2), G. Gille 2, Duvnjak 2, Flohr 1, Schröder 1, Lackovic 1; Balingen-Weilstetten: Strobel 5, Lobedank 4, Herth 4 (2), Müller 3, Wagesreiter 2, Bürkle 2, Wilke 2, Temelkov 2 (1), Thiemann 1, Ettwein (1). Schiedsrichter: Hartmann/Schneider (Magdeburg/Barleben). Zuschauer: 13 171 (ausverkauft). Zeitstrafen: 1; 7.

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