Seit vier Jahren ist Martin Schwalb Trainer der HSV-Handballer. Er kann mit dem Verein auf eine erfolgreiche Zeit zurückschauen.

Hamburg. Sie nennen ihn "Schwalbe". In Wirklichkeit hat der Trainer des Handball-Spielvereins Hamburg wenig mit dem possierlichen Flugkünstler, dessen Namen er trägt, gemein. Martin Schwalb ist ein Leitwolf.

Ein Alphatier, Wegweiser und Primus inter pares, der seit nunmehr vier Jahren die Geschicke bei Hamburgs Vorzeigeklub leitet. Dass er die Mannschaft binnen kurzer Zeit zu einem Garanten für Titelkämpfe formen würde, war damals, als der heute 46-Jährige aus Wetzlar an die Elbe wechselte, nicht zu erwarten.

"Als ich in die Hansestadt kam, lag der HSV auf Platz 13 der Tabelle. Das war am 21. Oktober 2005 - ich weiß es noch wie heute", erzählt Schwalb ein wenig gedankenverloren und fährt sich mit der Hand in einer für ihn typischen Bewegung durch die Haare. Die Jungs, sagt Schwalb, seien damals stark verunsichert gewesen. Beachtlich erscheint angesichts diesen Eindrucks, dass der neue Trainer sein Team schon wenig später zum ersten Titel führen konnte. Der HSV gewann überraschend den DHB-Pokal. Das war am 9. April 2006. Zu einem Zeitpunkt, als kaum jemand an das Team glaubte.

"Die Trainingspläne", erinnert sich Schwalb, "wurden einzig und allein auf das Final Four abgestimmt. Dort wollten wir einen positiven Akzent setzen." Das gelang. Wie vieles, was Martin Schwalb in den vergangenen vier Jahren mit dem HSV anpackte. Wenn der bekennende Bayern-Fan und Golfspieler über den teilweise mühsamen und schweißtreibenden Weg des HSV spricht, merkt man, wie viel Kraft und Leidenschaft er in diesen Verein investiert hat. Dass ihn manche Beobachter in seinem Wirken am Spielfeldrand als zu emotional abkanzeln, kann der gebürtige Schwabe nicht nachvollziehen. "Ich bin ein ruhiger Mensch. 70 Prozent meiner Energien verwende ich während einer Partie darauf, meine Spieler positiv zu beeinflussen", sagt Schwalb. Dass es in einem Spiel auch mal kleine Aufreger gebe, sei normal.

Tatsächlich wirkt der HSV-Coach aus der Nähe betrachtet besonnen und abgeklärt. Martin Schwalb ist ein Mensch, der sich viele Gedanken macht und Ereignisse mit detektivischer Akribie reflektiert. Der größte Erfolg der vergangenen Jahre ist nach Schwalbs Ermessen deshalb nicht irgendein Titelgewinn wie der Europapokalsieg Ende April 2007, sondern der Zusammenhalt beim HSV. "Wir haben in schwierigen Situationen immer zusammengestanden, obwohl viele Leute darauf gewartet haben, dass wir über uns herfallen."

Vor allem in der letzten Saison mussten Schwalb und der HSV Kritik ertragen. Das peinliche Ausscheiden im Halbfinale des Final Four gegen Gummersbach war die wohl bitterste Niederlage, die das Star-Ensemble zu verkraften hatte. "Beim Umgang mit Drucksituationen gibt es kein Patentrezept", erklärt Schwalb, dessen Job in jenen Tagen in den Führungsgremien zur Disposition stand. "Ich glaube aber, dass mir in schwierigen Situationen die Erfahrung hilft. Doch Kritik lässt mich nie ganz kalt."

Es sind diese klaren und direkten Worte, die Martin Schwalb zu einem Sympathieträger und geachteten Trainer avancieren ließen. Fakt ist: Der HSV-Coach ist im Reinen mit sich. Und selbst die wiederholten Auseinandersetzungen mit HSV-Präsident Andreas Rudolph bewertet Schwalb positiv: "Zwischen uns gab es einen intensiven Meinungsaustausch, und den wird es immer geben. Er ist hoch emotional in manchen Geschichten, und ich bin auch einer, der sich nichts gefallen lässt." Die Beziehung sei jedoch nie über die Stränge geschlagen. "Sonst wäre ich hier kein Trainer mehr", sagt Schwalb.

Von einer "Mission Meisterschaft", die der Präsident auch in dieser Saison einfordert, will der Coach nichts wissen. Ihm gehe es darum, das Beste aus seiner Mannschaft rauszuholen. Und dieses Ziel denkt Martin Schwalb langfristig. "Wenn mir hier jemand einen 20-Jahre-Vertrag anbieten würde, würde ich direkt unterschreiben", sagt er. Vier Jahre hat Martin Schwalb beim HSV erfolgreich absolviert. Gut möglich, dass viele weitere folgen.

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