Der Hamburger scheiterte in Runde drei an Fernando Verdasco, obwohl er mehr Punkte holte. Bei den US Open ist nun kein Deutscher mehr dabei.

New York. Er kennt diese verrückten US-Open-Abenteuer zur Genüge, doch der sechste Turniertag in seinem 14. New Yorker Jahr hielt noch einmal Aberwitz, neue Kuriositäten, vor allem aber extremes Enttäuschungspotenzial für "Big Apple"-Fan Tommy Haas parat: Gegen den Weltranglistenzehnten Fernando Verdasco (Spanien) holte der Tourveteran am Sonnabendnachmittag in 3:45 Stunden Spielzeit elf Punkte mehr als sein Rivale (167:156), lag in jedem der fünf Sätze im Louis-Armstrong-Stadion mindestens mit einem Break und zwei Spielen in Führung.

Aber ins Achtelfinale zog der 31-Jährige nach dem paradoxen Ballvergnügen keineswegs ein. In einem hektischen Spiel leistete sich der gebürtige Hamburger einen Albtraum an vergebenen Chancen und schloss mit der 6:3, 5:7, 6:7 (8:10), 6:1, 4:6-Niederlage die Tür zu für Tennis-Deutschland. Für die Deutschen bleibt in der zweiten Woche des letzten Grand-Slam-Turniers der Saison wieder einmal nur die bittere Zuschauerrolle übrig.

Das lange Grand-Slam-Wochenende, das mit dem Abgang von Sabine Lisicki im Rollstuhl auf Platz elf begann, beschloss unfreiwillig ausgerechnet der stärkste Deutsche in dieser Saison - Paris-Achtelfinalist und Wimbledon-Halbfinalist Haas. "Da kämpfst du fast vier Stunden, und dann stehst du mit leeren Händen da", sagte der niedergeschlagene Fighter, "so eine Niederlage zu verdauen, das braucht ein paar Tage." Der Schmerz war umso größer, da Haas sich immer wieder Führungen herausspielte, seine Chancen an diesem Tag aber verzagt und flatterhaft liegen ließ. Besonders bitter war die fehlende Entschlusskraft im finalen Akt: Auch hier lag Haas 3:1 in Front, gewann dann aber bis zum 4:6 nur noch ein einziges Spiel. "Scheißdreck", brüllte der mit sich unzufriedene Haas in den Nachthimmel. Mit ein wenig Abstand zog er dennoch ein positives Fazit der bisherigen Saison. "Die Lust und der Spaß sind wieder zurückgekehrt. Blöde Tage wie der gegen Verdasco relativieren sich da", sagte Haas.

Wenn sich bei den Deutschen etwas wie ein roter Faden durchs US-Open-Drehbuch zog, dann die fehlende Kühle bei den Big Points und der schwache Glaube, ein scheinbar verlorenes Spiel noch einmal umzubiegen. Zu brav, zu bieder, zu wenig abgezockt verabschiedeten sich viele vom Schauplatz New York, mal abgesehen vom Hannoveraner Nicolas Kiefer, der am Freitagabend eine höchst respektable Vorstellung beim Viersatz-Aus gegen Spaniens Topstar Rafael Nadal bot.

Am anderen Ende der Skala landete Philipp Kohlschreiber, noch beim Daviscup-Duell der Deutschen in Spanien Mitte Juli der Held zweier Einzelsiege. Aber gegen den keineswegs weltbewegend starken Tschechen Radek Stepanek verabschiedete sich der Augsburger am Sonnabend mit einer kümmerlichen 6:4, 2:6, 3:6, 3:6-Pleite und sah nicht aus, als könne er bald schon die Prophezeiungen eines Niki Pilic erfüllen. Der ehemalige Daviscup-Chef hatte kürzlich erklärt, er sehe Kohlschreibers Potenzial "zwischen Platz fünf und 15 in der Weltrangliste." Ein "richtig guter Erfolg", gab Kohlschreiber später auch zu, "war nicht dabei in dieser Grand-Slam-Saison."

Dass sich auch Kohlschreibers Daviscup-Kollege Philipp Petzschner nach haarsträubendem Spielverlauf aus dem Turnier katapultieren ließ, passte ins Bild der merkwürdig fahrlässigen Deutschen - einer Kleingruppe ohne Killerinstinkt. Mit 2:0-Sätzen hatte Petzschner gegen den Spanier Juan Carlos Ferrero geführt, noch einmal 4:1 in Satz fünf in Front gelegen, doch auch er blockierte sich selbst den Weg ins Achtelfinale. Zwölf Deutsche immerhin hatten beim Startschuss im Hauptfeld gestanden, doch unter ihnen waren zu viele Wackel- und Zählkandidaten.