Der Fall von 800-m-Weltmeisterin Caster Semenya entwickelt sich zu einer von Sportfunktionären heraufbeschworenen menschlichen Tragödie. Südafrikas Leichtathletik-Präsident Leonard Chuene erklärte der “Times“, dass der Verband Semenya die Goldmedaille aufgezwungen habe.

Berlin/Johannesburg. "Sie wollte nicht zur Siegerehrung gehen. Aber ich habe ihr gesagt, sie muss", erklärte er. Chuene weiter: "Sie sagte mir: 'Niemand hat mir je erklärt, dass ich kein Mädchen sei. Aber hier soll ich es auf einmal nicht mehr sein. Warum haben Sie mich hierher gebracht? Sie hätten mich in meinem Dorf lassen sollen'."

In Südafrika schlägt der Fall weiter hohe Wellen. In einem Blatt wurde Semenyas Geburtsurkunde gedruckt. Zudem werden Chuene und Südafrikas Verband beschuldigt, die Ende Juli in 1:56,72 aus dem Nichts in die Weltspitze vorgestoßene Semenya nicht auf die Öffentlichkeit in Berlin vorbereitet zu haben. Protest kam von ihrer Familie. "Wir werden nicht akzeptieren, dass sie den Sextest machen muss. Sie sollte lieber die Medaille ablehnen. Wir lassen es nicht zu, dass unsere Tochter blamiert wird", sagte Vater Jacob der "Times".

Unterdessen gibt es Spekulationen, dass die 18-Jährige ein Zwitter mit der Chromosomen-Kombination XY sein soll - ein sogenannter Hermaphrodit. Das berichtet die Schweizer Zeitung "Blick" unter Berufung auf einen ehemaligen Trainer, der lange in Südafrika tätig war. Hermaphroditen haben nicht eindeutige körperliche Geschlechtsmerkmale. Sie sind intersexuell. Das Geschlechtsorgan ist häufig verformt, trotzdem ist die Bestimmung des Geschlechts in den meisten Fällen nicht visuell möglich.

"Südafrika hat die Tests bereits im März gemacht. Das Ergebnis ist klar. Semenya hätte in Berlin nicht bei den Frauen starten dürfen. Doch ihre Funktionäre haben voll auf die Karte Risiko gesetzt", behauptet der ungenannte Informant. Südafrikas deutscher Cheftrainer Ekkart Arbeit sei an der mutmaßlichen Manipulation beteiligt gewesen: "Er hat genau gewusst, was zu tun war, dass Semenya bei ihren bisherigen Wettkämpfen stets durchgekommen ist", sagt er. Ihr Testosteronspiegel werde mit Medikamenten so eingestellt, dass sie bei Dopingkontrollen nicht als Mann auffalle.

Arbeit, vorletzter Chefcoach der DDR-Leichtathleten, bestritt die Vorwürfe: "Das ist alles Quatsch. Außerdem ist es frech, wenn man nicht mal den Namen der imaginären Quelle nennt."