Hammerwerfer Markus Esser peilt den größten Erfolg seiner Karriere an. Der studierte Erzieher greift nach einer Medaille...

Berlin. Markus Esser darf man neuerdings als den meistbeschriebenen Leichtathleten der Welt bezeichnen. Tausende Unterschriften und Grußbotschaften zieren seinen auf Plakatwandformat vergrößerten Körper, den sie vor dem Olympiastadion in Berlin in Stellung gebracht haben. Esser muss das jetzt doch noch mal erwähnen, denn sein rasierter Kopf mit dem gepflegten schmalen Kinnbart ist auf der "größten Postkarte der Welt" leider nicht zu sehen.

Vielleicht liegt es daran, dass Esser Hammerwerfer ist. Die meisten könnten sich darunter gar nichts vorstellen, sagt der Sportsoldat aus Leverkusen. Seine Disziplin erklärt er Unwissenden so: "Stellen Sie sich einen Fünfkilosack Kartoffeln vor, den Sie ihn nach Hause schleppen. Mein Hammer wiegt noch mehr." Zwischen 400 und 450 Kilogramm Zuggewicht wirken bei einem 80-Meter-Wurf auf seinen Körper, im Moment des Abwurfs ist die Standfläche kaum größer als der kleine Zeh. Zum Beweis zeigt Esser den Bluterguss an seinem kleinen Finger und zuckt mit den Schultern. "Im Urlaub geht der bestimmt wieder weg."

So in etwa stellt man sich einen Hammerwerfer vor. Hart im Nehmen? Unbedingt. Umgänglich? "Sagen wir gemütlich", sagt Esser: "Ich vergleiche uns gern mit Balu, dem Bären aus dem Dschungelbuch." Aber dick? Das geht dann doch zu weit. Esser bringt 106 Kilogramm auf die Waage, "obwohl man die mir gar nicht ansieht mit meinem Sixpack". Im Vergleich zu manchen Konkurrenten sehe er doch aus wie ein Sprinter. "Flink wie ein Wiesel" sei er im nur 2,13 Meter großen Ring. Mit der Schnelligkeit muss er kompensieren, was ihm andere an Radius voraushaben.

Zweimal schon, bei der WM 2005 und der EM 2006, fehlten Esser nur Zentimeter zur Medaille. Nun, mit 29 Jahren, fühle er sich stärker denn je. Erstmals seit Langem sei er verletzungsfrei durch die Saison gekommen. Wenn da nur dieser kleine Fehler nicht wäre. Irgendwann im Olympiajahr 2008 hat er sich eingeschlichen in die komplexe Wurftechnik, die aus vier Elementen besteht, und hält sich hartnäckig.

Lange wollte Esser kein großer Wurf gelingen. Bis vor zwei Wochen erst bei respektablen 79,43 Metern der Hammer fiel. Schon 80 Meter könnten am Montagabend im Finale für eine WM-Medaille reichen, vermutet Esser, der stets einen Hammer des germanischen Donnergottes Thor als Anhänger um seinen Hals trägt. Die Konkurrenz sei nicht mehr so stark wie früher. Zwei Weißrussen seien von der Bildfläche verschwunden, dafür seien jetzt drei andere Weißrussen da.

Esser hat aufgehört, sich über derlei zu wundern. Seine Frau und seine zweijährige Tochter, die nach Berlin gekommen sind, würden ihm schon "den nötigen Kick" geben. Sie sind es, derentwegen er seinen Sport noch vier oder fünf Jahre machen will. "Wobei ich in meiner ganzen Karriere nicht so viel verdienen kann wie Usain Bolt in einem Rennen." Dafür ist der jamaikanische Sprintstar bestimmt nicht so gemütlich.