BMW-Pilot Nick Heidfeld traf die Nachricht vom Ausstieg wie aus heiterem Himmel, Motorsportdirektor Mario Theissen stand die Enttäuschung nach dem Formel-1-Aus ins Gesicht geschrieben.

München. "Ich persönlich und alle Teammitglieder sind enttäuscht. Sportlich gesehen wären wir gerne weitergefahren und hätten gerne dieses ambitionierte Projekt weitergeführt", sagte Theissen gestern im Hochhaus des Automobilkonzerns in München. Mit einem Paukenschlag wurde die Vollbremsung vollzogen. BMW sagt der Königsklasse nach den noch ausstehenden sieben Rennen der laufenden Saison "Servus" - die Konkurrenten denken schon über Rettungspläne für den Rennstall nach.

"Die Entscheidung zum Formel-1-Ausstieg von BMW kommt für mich unerwartet und tut mir speziell für das Team und alle Mitarbeiter, mit denen ich über Jahre hinweg das Projekt aufbauen durfte, sehr leid", meinte Pilot Heidfeld auf seiner Internetseite. Wie die Zukunft des 32-Jährigen aussieht? Ungewiss. Zuletzt hatte er über Kontakte zu anderen Teams berichtet, nun steht er gehörig unter Druck, diese zu intensivieren. Drei Möglichkeiten werden diskutiert: Die von Heidfeld wohl favorisierte bei Williams, falls Nico Rosberg zu Mercedes wechselt. Bei Brawn, falls sich der WM-Spitzenreiter vom quengelnden Brasilianer Rubens Barrichello trennt. Oder bei Renault, wo der zweimalige Weltmeister Fernando Alonso vor dem Wechsel zu Ferrari und Nelson Piquet junior vor dem Aus steht.

Heidfelds Vorgänger Ralf Schumacher stellte fest: "BMW hatte das Ziel ausgegeben, den WM-Titel zu holen. Der Erfolg blieb aus, so kann man die Entscheidung nachvollziehen." Hilfe könnte von der Teamvereinigung Fota kommen. Während sich der Automobil-Weltverband FIA in seinen drastischen Sparkonzepten auch gegen der Willen der meisten Teams bestätigt fühlte, sicherte Gegenspieler Fota durch Generalsekretär Simone Perillo Hilfe zu. Man sei bereit, "jede notwendige Unterstützung dem in der Schweiz beheimateten Team, dessen Mitgliedschaft in der Vereinigung bestätigt ist, zuzusichern, um sein Engagement in der Formel 1 fortzusetzen", schrieb er in einer Presseerklärung.

Für BMW fällt am 1. November der Formel-1-Vorhang. In Abu Dhabi, nach dann 264 Rennen als Motorenlieferant und Hersteller, ist Schluss. "Natürlich ist uns diese Entscheidung schwer gefallen", sagte der Vorstandsvorsitzende Norbert Reithofer. "Wir haben im Vorstand entschieden, wir richten unser Motorsport-Engagement neu aus." Zerknirscht, aber einsichtig gab sich Theissen. "Aus Sicht des Unternehmens kann ich diese Entscheidung nachvollziehen."

Ein riesiges Aufatmen ging fast zur gleichen Zeit durch das Lager von Toyota. Der in Köln-Marsdorf ansässige Rennstall erhielt am Mittwochmorgen die Zusage aus Japan, weiterhin in der Formel 1 mitfahren zu dürfen. Auch aus Stuttgart kamen beruhigende Worte. Daimler will derzeit nicht dem Beispiel von BMW folgen und plant keinen Ausstieg.

In welchem Umfang es bei BMW und im Team BMW-Sauber zu einem Stellenabbau kommt, steht derzeit noch nicht fest. Schätzungen zufolge sollen 700 Beschäftigte für das Formel-1-Team arbeiten, das 350 Millionen Euro jährlich kostet. Eine Möglichkeit für den Fortbestand des Rennstalls wäre eine Übernahme durch Peter Sauber, der noch 20 Prozent an dem Team hält. BMW hatte bei seinem Rennstall 2005 die Mehrheit übernommen. Allerdings müsste Sauber sich einen neuen Motorenlieferanten suchen. Was auch immer passiert, von der Entscheidung wurde auch der Schweizer völlig überrascht. "Ich akzeptiere und respektiere den Entscheid, kann ihn allerdings persönlich nur schwer nachvollziehen", sagte Sauber.

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