Einen kleinen Schuss habe sie schon, sagt Helke Nieschlag. Nichts Spezielles, aber sie ist nun mal Ruderin, und wer rudert, müsse irgendwo bekloppt sein; sich jeden Tag stundenlang schindet, auch bei Kälte und Dunkelheit, und das nur für die vage Aussicht, irgendwann einmal eine Medaille einzuheimsen. Von Geld gar nicht zu reden.

Hamburg. Aber es gebe eben auch diese Momente, die für alles entschädigen. Auf dem spiegelglatten Ratzeburger See die eigene Geschwindigkeit zu spüren. Oder Erfolge wie am vergangenen Sonnabend, als die 20-Jährige von der RG Hansa bei den U-23-Weltmeisterschaften in Tschechien den Titel im Leichtgewichtseiner gewann: "So schlecht, wie ich gestartet war, hatte ich damit gar nicht gerechnet." Ihre besten Jahre könnten noch vor ihr liegen, wenn man bedenkt, dass sie erst in der dritten Saison wettkampfmäßig rudert. Ein Lehrer in der Schule hatte sie dazu animiert. Im Oktober zog sie zum Studium - Sport, Literatur - von ihrem Heimatort Preetz nach Hamburg, seither startet sie für die RG Hansa. Für London 2012 hat sie es auf einen Rollsitz im olympischen leichten Doppelzweier abgesehen.

Am Sonntag geht es weiter nach Ratzeburg. Die kommenden drei Wochen stehen im Zeichen der Vorbereitung auf die WM Ende August in Posen, wo sie im Doppelvierer startet. Vier leichte Frauen in einem Boot - das könne anstrengend werden, verrät Nieschlag: "Man zickt sich schon mal an." Wohl schon aus Unterzuckerung: Durchschnittlich 57 kg darf jede Ruderin wiegen. Eigentlich zu wenig für eine 1,72-Meter-Frau wie Nieschlag. Sie weiß, sie wird Hunger und Durst haben. Bekloppt, oder?