Morgen um elf Uhr starten auf der Anlage an der Hallerstraße die International German Open mit der Qualifikation für das Hauptfeld.

Hamburg. Der Rothenbaum hat sich fein gemacht. "So sauber wie in diesem Jahr war es hier noch nie. Wir haben kräftig aufgeräumt. Jetzt sieht alles richtig schick aus." Detlef Hammer hat das gesagt, bevor er gestern Abend seinen obligatorischen Rundgang über die Anlage an der Hallerstraße antrat, und es klang ein wenig stolz. Die weißen Zeltbauten rund um das Stadion laden zum Verweilen ein, die über die Jahre abgewetzten grünen Sitzschalen auf dem Centre-Court sind mit blauen Hussen überzogen, die Logen am Rande des Platzes leuchten im kräftigen Rot. "Die Bestuhlung macht endlich wieder einen einladenden Eindruck", sagt Hammer. Die Freude darüber will er nicht verbergen. Er strahlt - vor allem Optimismus aus. "Wir sind gerüstet. Jetzt müssen nur noch die Zuschauer in Scharen kommen."

Seit einem halben Jahr sieht der 38-Jährige das Gelände neben dem Club an der Alster mit anderen Augen. Mit Michael Stich (40), dem Wimbledonsieger von 1991, hat Hammer im vergangenen Dezember die Hamburg Sports & Entertainment GmbH (HSE) gegründet. Sie veranstaltet das größte deutsche Tennisturnier in diesen Tagen zum ersten Mal.

Morgen um elf Uhr beginnt am Rothenbaum die Qualifikation, am Montag schlagen 48 der weltbesten Spieler um eine Million Euro Preisgeld auf. Das Finale wird am 26. Juli ausgetragen. Der Franzose Gilles Simon ist als Weltranglistensiebter an Nummer eins gesetzt, den deutschen Daviscupspieler Philipp Kohlschreiber handelt Turnierdirektor Stich gern öffentlich als seinen Geheimfavoriten. Kohlschreiber, Nummer 26 der Weltrangliste, wird in Hamburg an zehn geführt. Ein Deutscher siegt am Rothenbaum, das würde Stich gefallen. Er war der Letzte. 1993 besiegte er im Finale den Russen Andreij Eduardowitsch Tschesnokow in vier Sätzen.

Die Profis aus aller Welt, darunter zehn deutsche, sind bis zum übernächsten Sonntag die Hauptdarsteller am Rothenbaum, die Außendarstellung der Traditionsveranstaltung, ihr Gesicht. Im Ablaufplan des Turniers spielen sie nur eine Nebenrolle. Die Arbeit leisten 702 Helfer, ehrenamtliche wie bezahlte. Die Ersten kommen um fünf Uhr morgens, die Letzten gehen nach Mitternacht. Sie sind die heimlichen Stars des Rothenbaums, ohne sie würde kein Ball übers Netz fliegen. "Wir sind Rothenbaum", dürften sie sagen, der große Auftritt jedoch ist ihnen fremd. Im Hintergrund fühlen sie sich wohl, im Schatten der Sportler, aber stets von ihnen respektiert. "Ich habe immer diese wundervoll angenehme Atmosphäre genossen, die am Rothenbaum herrscht", sagt Jutta Krause. 33 Jahre lang betreute sie die Spieler, gratulierte Gewinnern und tröstete Verlierer, am Sonntag wohl zum letzten Mal. Danach will sie sich auf die Tribüne zurückziehen.

Viele, die hier anpacken, tun dies seit Jahren, oft seit Jahrzehnten. Tradition verpflichtet. Auch Elfriede Sell und ihre Schwester Renate Klessig fühlen sich mit dem Turnier verbunden. Seit 22 Jahren waschen und bügeln sie die Sportkleidung der Tennisprofis. Auf 15 Quadratmetern unterhalb der Osttribüne sind die beiden Damen Herr über vier Waschmaschinen und drei Trockner. "Wir arbeiten täglich von 8 bis 21 Uhr. Danach sind wir heilfroh, wenn wir auf der Couch ausspannen können", sagen sie. Zeit, sich wenigstens ein paar Ballwechsel live anzusehen, haben beide nicht. "Spaß haben wir trotzdem. Die Jungs sind immer richtig nett und höflich zu uns. Die haben keine Allüren. Das könnten schließlich unsere Enkel sein", sagt Elfriede Sell.

Daniela Rudius arbeitet beim Deutschen Tennisbund (DTB) im Rechnungswesen. Da liegt es nah, dass sie die Preisgelder verteilt. Das war zumindest einmal ihre Hauptaufgabe während des Turniers. Seit einigen Jahren aber liegen nur noch kleine Scheine, meist für Ballkinder und Linienrichter, in ihrem Tresor. Die Herrentennisorganisation ATP überweist die Prämien inzwischen direkt an die Spieler. "Das ist irgendwie unpersönlich geworden. Früher hat es richtig Spaß gemacht, einem strahlenden Spieler ein paar Tausend Mark in die Hand zu drücken oder ihm einen dicken Scheck auszustellen", erzählt Daniela Rudius. Heute müssen die Profis nur quittieren, dass sie in Hamburg Geld gewonnen haben - für die Steuer.

Ein Tennisturnier, das ist zehn Tage lang eine organisatorische wie logistische Herausforderung. Spieler, Sponsoren, Aussteller und Aufsteller fordern Dienstleistungen rund um die Uhr, die ATP überwacht, dass alles zu ihrer Zufriedenheit läuft. Trainingsplätze müssen zur Verfügung stehen, der Fahrservice hat die Spieler pünktlich vom Hotel abzuholen, diesmal ist es das Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee. Grund zum Klagen glaubten in den vergangenen Jahren nur die deutschen Profis zu haben: "In Hamburg werden alle gleich behandelt. Wir haben hier keinen Heimvorteil." Auch deshalb mag sich das Turnier bei den ausländischen Spielern großer Beliebtheit erfreuen. Der Rothenbaum erhielt bei ihrer Bewertung stets Höchstnoten. Genützt hat es nichts. Die ATP stufte die Veranstaltung in die zweite Kategorie ab.

"Das ist kein Grund, Trübsal zu blasen", sagt Turnierdirektor Stich, "wir werden weiter Weltklasse-Tennis sehen, auch wenn die besten sechs Spieler diesmal nicht in Hamburg aufschlagen. Es sind dennoch viele interessante Namen dabei, und die Deutschen haben wieder die Gelegenheit, sich in den Vordergrund zu spielen. Ich bin überzeugt, dass die große Hamburger Tennisgemeinde dieses Turnier annehmen wird." Dafür hat er ein Rahmenprogramm organisiert, das sportliche wie kulinarische Leckerbissen bietet. Am Ende der nächsten Woche greift Stich selbst zum Schläger.

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