Der 29-Jährige geht am Sonntag als Mitfavorit in die Langstrecken-Wettbewerbe. Der Würzburger beklagt aber das mangelnde Interesse am Freiwasserschwimmen in Deutschland.

Rom. Thomas Lurz beschwert sich nur selten. Er ist es gewohnt, stundenlang im kalten Wasser zur schwimmen, sich gegen Quallen und Wellen zu behaupten. Auch über die manchmal sehr spartanische Unterbringung bei den Wettkämpfen beklagt er sich nicht. Manchmal kann aber auch der Bronzemedaillen-Gewinner von Peking kaum an sich halten. "Freiwasserschwimmen hätte mehr öffentliches Interesse verdient", schimpft er.

An diesem Sonnabend beginnen in Rom offiziell die Weltmeisterschaften im Schwimmen, und mit einem Blick auf das Programm wird deutlich: Die Langstreckler bestreiten mal wieder nur das Vorprogramm, die prestigeträchtigen Beckenwettkämpfe beginnen erst eine Woche später. Lurz startet morgen über die fünf Kilometer, und irgendwie passt es ins Bild, dass das deutsche Fernsehen keine Liveberichterstattung plant. Dabei geht Lurz als Titelverteidiger ins Rennen. "Es soll mir doch keiner erzählen, dass unser Sport langweilig ist", sagt er. "Die Tour de France wird fünf Stunden lang übertragen, und da passiert auch lange nichts. Das sind Ausreden!"

Ähnlich gewaltig wie bei der Tour sind immerhin die Distanzen: Zwischen 5 und 25 Kilometer müssen die Schwimmer zurücklegen. Dafür trainiert Lurz zweimal täglich, jeweils bis zu zweieinhalb Stunden. So kommt er pro Tag auf etwa 20 Kilometer, innerhalb eines Jahres legt er etwa 3500 Kilometer im Wasser zurück. Die Liste seiner Erfolge ist lang, herausragend vor allem das Jahr 2006, als er Doppel-Weltmeister und Doppel-Europameister jeweils über fünf und zehn Kilometer wurde.

Lurz glaubt, dass er damit in anderen Ländern schon viel bekannter wäre. "In Italien zum Beispiel sind alle Schwimmer absolut gleichberechtigt, und die Langstreckler genießen ein viel höheres Ansehen", sagt er. Auch Lutz Buschkow, Sportdirektor des Deutschen Schwimmverbandes (DSV), sieht Unterschiede: "Die Beckenwettbewerbe dominieren alles. Das ist schade für die anderen Bereiche, auch für die Sparte Freiwasser", sagt er, "an den Leistungen kann das nicht liegen." Allein Lurz und Britta Kamrau-Corestein, die 2004 Doppel-Weltmeisterin und Dreifach-Europameisterin wurde, gewannen bereits mehr als 15 Medaillen bei Großereignissen. Sportlich hat es Lurz daher nie bereut, dass er 2004 ins offene Wasser wechselte. "Aber ich hätte mir gewünscht, dass meine Bronzemedaille von Peking stärker gewürdigt wird. Mit einer Beckenmedaille wäre die Resonanz wohl deutlich größer gewesen".

Der sechsmalige Weltmeister will bei der WM dennoch wie gewohnt Taten sprechen lassen. Vor dem Lido di Ostia, wo es die Römer im Sommer zur Erfrischung im Mittelmeer hinzieht, will der 29 Jahre alte Würzburger seiner Sammlung eine weitere Trophäe hinzufügen.

Am Sonntag (11 Uhr) im Rennen über fünf Kilometer gibt es in "Ziehsohn" Jan Wolfgarten jedoch Konkurrenz aus dem eigenen DSV-Lager. Schon beim EM-Silber im Vorjahr lag Wolfgarten einen Rang vor Lurz und bedankte sich anschließend beim Teamkollegen: "Ich habe viel von Thomas gelernt." Für Lurz stehen die Chancen auf einen erneuten Coup vor allem über zehn Kilometer gut, denn der Niederländer Maarten van der Weijden hat seine Karriere nach dem Olympia-Triumph beendet. Schärfster Widersacher dürfte der Russe Wladimir Dijatschin sein.

Der neue DSV-Sportdirektor Buschkow hat die Messlatte für seine Freiwasserschwimmer sehr hoch gelegt und vier Medaillen als Ziel ausgegeben. Dazu soll auch die Olympiavierte Angela Maurer über zehn und 25 Kilometer beitragen. "Die höheren Wassertemperaturen, das Salzwasser und die Wellen kommen mir sehr gelegen, da kann ich meine Stärken voll ausspielen", sagt die 33 Jahre alte Mutter aus Mainz. Zum Auftakt am Sonntag (8.30 Uhr) will Ex-Weltmeisterin Kamrau-Corestein noch einmal angreifen. Die Rostockerin konzentriert sich ganz auf die Fünf-Kilometer-Strecke. Weitere DSV-Starterin ist Europacup-Gesamtsiegerin Nadine Pastor aus Mainz.