Ohne den Kapitän geht es nicht. Wen der Bundestrainer noch holen könnte. Und auf wen er besser verzichtet.

Berlin. Das Spiel war schlecht. Sogar grottenschlecht. Selten hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in der Ära Joachim Löw schwächer gespielt, als beim 1:2 gegen England in Berlin. Löw konnte seine Enttäuschung kaum verbergen, fand dann aber doch noch einen positiven Aspekt: "Mich stimmen diese 90 Minuten gegen starke Engländer nicht bedenklich, denn die Spieler werden daraus ihre Lehren ziehen."

Das bleibt zu hoffen, denn sonst bestünde durchaus die Gefahr, dass die Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika ohne Deutschland über die Bühne geht. Viele solcher niveauloser Darbietungen sollten sich die deutschen Elite-Kicker nicht mehr leisten - schon gar nicht in den restlichen sechs Qualifikationsspielen.

Wie weit aber ist die DFB-Auswahl 18 Monate vor der WM? Und auf wen sollte Löw auf dem Weg zum Kap setzen?

Für das Tor gibt es vier Kandidaten: Rene Adler, Tim Wiese, Robert Enke und Manuel Neuer. Adler hat die Nase vorn, so wird es auch bleiben. Enke ist verletzt, Wiese war beim Debüt (gegen die Engländer) stark, diktierte aber den Reportern später in die Blöcke: "Ich bin enttäuscht, dass ich nicht von Beginn an gespielt habe." Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter komm' ich ohne ihr. . . Statt sich über sein erstes Länderspiel zu freuen, tritt Wiese wieder in einen Fettnapf.

In der Vierer-Abwehrkette gab es das ganze Jahr über Licht und Schatten, so blieb es auch gegen England. Rechts absolvierte Arne Friedrich sein 64. Länderspiel, offenbarte aber einmal mehr seine Schwächen in der Spieleröffnung - die findet beim Berliner quasi nicht statt. Experten halten schon jetzt den Hoffenheimer Andreas Beck (21), der auch in der Offensive hervorragende Szenen hat, für den kommenden Mann auf dieser Position. In der Mitte bleiben Per Mertesacker und Heiko Westermann erste Wahl, dahinter warten Serda Tasci und U 21-Spieler Benedikt Höwedes (Schalke 04), der als großes Talent gilt, eventuell Christoph Metzelder von Real Madrid. Ebenfalls ein Kandidat ist Marvin Compper , der Hoffenheimer debütierte gegen England auf der "falschen" Position, Löw setzte ihn außen (statt zentral) ein. Links ist Bayerns Philipp Lahm unumstritten, Ersatz könnte HSV-Spieler Marcell Jansen sein. Zudem lauern der Wolfsburger Marcel Schäfer und Schalkes Christian Pander.

Im Mittelfeld haben Bastian Schweinsteiger und Piotr Trochowski auf den Außen beste Karten, in der Mitte wird Michael Ballack dringender denn je benötigt, und auch der Bremer Torsten Frings wird, sobald er körperlich wieder bei 100 Prozent ist, nicht zu ersetzen sein.

Marko Marin, Thomas Hitzlsperger, Simon Rolfes und Tim Borowski sind die Männer im zweiten Glied, dahinter lauert auch ein Talent wie Toni Kroos (18) vom FC Bayern.

Im Angriff sah es vor einem Jahr noch super aus, doch von dieser Herrlichkeit ist wenig übrig geblieben. Miroslav Klose in der Krise, Mario Gomez in einer schweren Krise, Lukas Podolski in München nur noch Ersatz. Freude kommt lediglich bei Patrick Helmes auf, aber er allein ist zu wenig. Nächster Nachrücker dürfte dessen Bayer-Kollege Stefan Kießling sein.

Es wartet auf Bundestrainer Löw noch eine Menge Arbeit. Der lange, leidige und unerfreuliche "Vierkampf" zwischen Löw, Oliver Bierhoff, Ballack und Frings um Macht und Kompetenz haben dem Image der Nationalmannschaft schwer geschadet - und der grottenschlechte England-Kick natürlich auch.

Wen sollte Bundestrainer Löw noch nominieren?


Diskutieren Sie mit bei www.abendblatt.de/dfb