Gelsenkirchen. Er hatte sich zum Abschluss der EM-Vorbereitung einen starken Gegner gewünscht, hatte seinen Wunsch sogar öffentlich gemacht. Und als wolle er seinen Worten Taten folgen lassen, kniete sich Michael Ballack im Spiel gegen die Serben mit dem Anpfiff voll in seine Aufgabe als Kapitän hinein. Der Chelsea-Profi wurde der beste Mann auf dem Rasen, er lieferte 90 Minuten nicht nur eine Galavorstellung ab, er riss seine Teamkollegen auch vorbildlich mit und bekam deshalb auch ein Sonderlob von seinen sonstigen Kritikern. Keine Frage, Michael Ballack ist bereits in bestechender EM-Form - hoffentlich nicht ein paar Tage zu früh.

"Er hat in den entscheidenden Momenten die Verantwortung übernommen, ist vorangegangen und hat auch seine Mitspieler in die Pflicht genommen", lobte Bundestrainer "Jogi" Löw. Unrecht hatte er nur in einem Punkt: Ballack ist nicht nur in den entscheidenden Momenten da gewesen, sondern von der ersten bis zur letzten Minute. Und er schoss seine Mannschaft auch mit einem durch die Mauer verwandelten Freistoß zum Sieg. ARD-Kritiker Günter Netzer zeigte sich begeistert: "Es war eine große, eine perfekte Leistung von ihm, ich habe Michael Ballack noch nie in einer besseren Verfassung gesehen."

Das verspricht im Hinblick auf die EM einiges. Zumal Ballack nicht nur auf dem Platz (und fußballerisch) den Ton angab. Während der Halbzeitpause wirkte der Kapitän auch auf seine Mitspieler ein. Löw berichtete: "Er hat die Spieler großartig gepusht." Was in diesem Team auch hervorragend ankam. Keine Mimose, die sich beleidigt abwandte, sie alle waren auf der Seite ihres Leaders. "Er hat uns mit Worten und Taten zum Sieg getrieben", sagte Clemens Fritz und ließ bei seiner Aussage auch ein großes Stück Anerkennung durchblicken.

Michael Ballack leidet in diesen Tagen nicht mehr unter der Niederlage, die er mit Chelsea im Champions-Lea gue-Finale erlitten hat (im Elfmeterschießen), er denkt nur noch an die nahe Zukunft, ist voller Lust und Vorfreude auf die EM bei der Sache. Beim Besuch der Bundeskanzlerin Angela Merkel in der DFB-Kabine sagte Ballack: "Wir hoffen, Deutschland bei der EM würdig zu vertreten und besser abzuschneiden als mit dem dritten Rang bei der WM."

Er wird alles daransetzen, dass er sein Wort auch halten kann. Der 31-jährige Mittelfeldspieler scheint in der Form seines Lebens zu sein, auch wenn er sich selbst noch nicht bei 100 Prozent sieht. "Es war zwar gegenüber dem Weißrussland-Spiel ein Fortschritt erkennbar, sogar ein deutlicher Fortschritt, vor allem was die Physis angeht, aber wir müssen schon noch einige Dinge verbessern", sagte Ballack mit Entschlossenheit in seinem Blick. Dann dachte er nicht nur an das Gegentor, sondern auch an den Lattenschuss von Torschütze Jankovic (54.) - es hätte dann 0:2 gestanden. Ballack: "Wir haben ein-, zweimal geschlafen, das darf uns bei der EM nicht passieren, da wird das bestraft."

Nach dem Spiel in Gelsenkirchen flog Michael Ballack zu seiner Familie in München, wo er bis zum Dienstag, dem Abflug der Mannschaft in die Schweiz, bleiben wird. "In München werde ich abschalten, nicht an Fußball denken, um dann am Dienstag nur noch ein Ziel vor Augen zu haben: den EM-Titel."