Schwimmen: Die deutschen Freistil-Staffeln wurden Europameister, die Frauen mit Weltrekord.

Berlin. Deutschlands Schwimmer haben ihr EM-Heimspiel in Berlin mit einem goldenen Doppelschlag eröffnet. Katrin Meißner, Petra Dallmann, Sandra Völker und Franziska van Almsick kraulten vor 4000 Fans in 3:36,00 Minuten in Weltrekordzeit zum Titel über 4x100-Meter-Freistil. Lars Conrad, Stefan Herbst, Torsten Spanneberg und Stephan Kunzelmann legten überraschend nach. Dazu kam Bronze für Nicole Hetzer über 400 m Lagen, und vom Drei-Meter-Brett sprang Andreas Wels aus Halle/Saale zu Silber. "Ein Superstart, das gibt der Mannschaft den letzten Kick", jubelte DSV-Präsidentin Christa Thiel. Van Almsick schwebte derweil auf Wolke sieben: "Jetzt haben wir alle kleine Flügel auf dem Rücken. Es war ein Anfang nach Wunsch. Ich hoffe, so geht es weiter. Wir haben nie an den Weltrekord gedacht. Aber das zeigt, dass man nicht so viel denken, sondern es einfach tun soll." Sandra Völker tanzte und konnte es kaum fassen: "Hej, wir sind gerade Weltrekord geschwommen. Wir sind tierisch stolz und super glücklich. Nach meinen Rückschlägen aus dem Winter freue ich mich umso mehr, dass alles so gut geklappt hat." Nach einem Bandscheibenvorfall hatte Völker drei Monate lang ihr Training reduzieren müssen. Die Folge: Bei den deutschen Meisterschaften verpasste sie Mitte Mai als Vierte über 100 Meter Freistil die direkte Qualifikation für die Staffel. Jetzt bewies sie in Berlin erneut ihre Klasse. Ihre (Netto-)Zeit war die schnellste aller Schwimmerinnen und wurde bisher gerade dreimal auf der Welt unterboten. "Ich bin stolz auf ihre Leistung", sagte ihr Trainer Dirk Lange. Für van Almsick wurde die Rückkehr auf die internationale Schwimmbühne nach zweijähriger Pause in ihrer Heimatstadt zu einem Freudenfest. "Es ist schon ein überwältigendes Gefühl. Ich genieße das im Moment und sauge es in mich hinein", beschrieb sie zwei Stunden nach dem Coup ihre Gefühle. Am Sonnabend will sie endlich ihren acht Jahre alten Weltrekord über 200 Meter Freistil knacken: "Ich werde mir ein Bein ausreißen. Ob es dann reicht, ganz oben zu stehen, werden wir sehen. Ich empfinde schon eine starke Zufriedenheit, was nicht heißt, dass ich jetzt schon satt bin." Den Grund für die Vorstellung der fantastischen vier glaubt die 24-jährige Berlinerin im wiedergewonnenen Teamgeist entdeckt zu haben: "In der Mannschaft ist alles anders geworden. Unsere gemeinsamen Erfahrungen haben uns klüger gemacht. Wir gehen wesentlich respektvoller miteinander um, weil viele auch so schlimme Erfahrungen gemacht haben wie ich bei Olympia in Sydney." Die ehrlichen Umarmungen nach dem Rennen unterstrichen diese Einschätzung. Nicht immer war van Almsick selbst nach großen Staffelerfolgen so freudig in Empfang genommen worden wie diesmal. Bei so viel Euphorie wollten die deutschen Männer Minuten später nicht nachstehen. In 3:17,67 siegten sie ganz knapp vor Schweden (3:17,75) und Italien. Vor allem Conrad, der nach seiner Krankheit erst nachträglich für die EM nominiert worden war, konnte es kaum fassen: "Das ist genial." Schlussschwimmer Kunzelmann ("Mir war schwarz vor Augen") dankte dem Publikum: "Das ist eine unglaubliche Atmosphäre." Kollege Herbst meinte: "Das hat man sogar im Wasser gemerkt, das treibt nach vorn." Und Spanneberg wusste: "Am Ende war es ein wenig Glück." Das hatte dem Hamburger Jens Thiele am Morgen beim Vorlauf gefehlt. Um vier Hundertstelsekunden verpasste er die Nominierung fürs finale Quartett. Besonders bitter: Seine Wasserzeit von 49,49 Sekunden unterboten im Endlauf nur zwei der vier. Trotzdem war der 21-Jährige ein guter Verlierer. Auf der Sportlertribüne schwenkte er die deutsche Fahne und feuerte seine Kollegen an. Er selbst kommt erst am Wochenende wieder über 50 Meter Freistil zum Einsatz.