Hat Jan Ullrich sein Talent verschleudert?

Geht es um Jan Ullrichs Tour-Ambitionen, fühlt man sich unweigerlich an den zeitlosen Silvester-Sketch "Dinner for one" erinnert: "The same procedure as every year". Jedes Jahr aufs neue beteuert der Deutschen Lieblingsradler, wie sehr er die Grande Boucle ein zweites Mal gewinnen wolle. Wie intensiv er sich darauf vorbereitet habe. Und daß er nie fitter war, um die "längst fällige Wachablösung" endlich zu vollziehen.

Doch dann läuft immer wieder alles aus dem Ruder. Mal fängt er sich kurz vor der Tour eine Erkältung ein, mal bremst ihn ein Hungerast aus. Diesmal flog er erst durch die Heckscheibe des Teamwagens, dann beförderte ihn in den Vogesen eine Windböe ihn in die Botanik. Eines bleibt angesichts dieser Serie von Pleiten und Pannen festzuhalten: Immer Pech ist letztlich auch ein Ausdruck von Unvermögen. Von Armstrong vernahm man solcherart Böcke nie.

Jens Voigt hat es einmal auf den Punkt gebracht: "Ich wünschte mir ein Jahr mit Jans Körper - aber meinem Kopf." Ullrich hat sicher viel erreicht in seiner Karriere. Doch es war noch weitaus mehr möglich.