K O M M E N T A R

Wer glaubte, für Deutschlands Starpedaleur Jan Ullrich könne es nach der Absage der Tour de France und dem Autounfall unter Alkoholeinfluss am 1. Mai dieses Jahres nicht noch schlimmer kommen, sieht sich getäuscht. Der jetzt bekannt gewordene Dopingbefund kommt einem GAU gleich, dessen Nachbeben noch gar nicht abzu-sehen sind. Dass es sich hier um kein gezieltes, leistungssteigerndes Doping handelt, scheint auf der Hand zu liegen. Der Toursieger von 1997 befand sich nach einer Knie-Operation in einer Rehabilitationsphase, in der die bewusste Einnahme von Amphetaminen gar keinen Sinn macht. Vielmehr wirft der Fall einmal mehr ein bezeichnendes Licht auf Ullrichs labile Persönlichkeit: Er kann die Folgen seines Handelns offenbar nicht abschätzen. Wer in nikotingeschwängerten Tanzsälen hochprozentige Getränke und suspekte Energydrinks zu sich nimmt, muss wissen, worauf er sich einlässt. Die Schuld trägt Ull-rich aber nicht allein. Von einem allgegenwärtigen Teammanagement käseglockenartig abgeschirmt, hatte der geniale Radprofi nie die Chance, wirklich reif und erwachsen zu werden. Das hat sich jetzt auf bittere Weise gerächt.