TV-Techte: Millionen Euro und die Vermittlung von Pferdewetten stehen auf dem Spiel.

Hamburg. Stichtag 1. Juli. An diesem Tag sollte endlich Frieden herrschen im deutschen Galopprennsport. Frieden zwischen den Rennvereinen und den streitsüchtigen Buchmachern. An diesem Tag sollte ein neuer Kooperationsvertrag in Kraft treten und bis Ende 2007 für gedeihliche Verhältnisse und Ruhe sorgen.

In Baden-Baden waren sich beide Parteien schon vor fünf Wochen im Grundsatz einig geworden. Nach elfstündigem vermeintlich abschließendem Verhandlungsmarathon stieg dort schon weißer Rauch auf. Angekündigt wurde freudig, nun fehle nur noch der juristische Feinschliff, dann könnten alle Beteiligten unterschreiben.

Jedoch: Nichts ist damit. Noch immer hinkt das Projekt hinter der Zeit her. Die Anwälte beider Parteien sind längst nicht soweit. Der Galopper-Dachverband mit dem ehemaligen Landwirtschaftsminister Jochen Borchert an der Spitze will erst dann seine Zustimmung geben, wenn er die erwarteten Anwaltstexte eingehend geprüft hat.

In der neuen Vereinbarung geht es eindeutig um Existenzfragen: die Belieferung der 110 Buchmachergeschäfte mit den Fernsehbildern von deutschen Galopprennen, die von den "Bookies" zu zahlende Lizenzgebühr (bisher 1400 Euro monatlich) für die gewerbliche Verwendung dieser Bilder und der zugehörigen Informationen und Daten sowie die detailliert geregelte Verpflichtung der Buchmacher zur Vermittlung von Wetten in die Pools der deutschen Rennbahnen.

Norman Albers, Inhaber von Buchmacherläden in Hannover und Hamburg, vertritt die Interessen als Vorsitzender des Deutschen Buchmacherverbandes: "Ich wäre ja froh, wenn es eine generelle Einigung gibt", sagte Albers dem Abendblatt. "Die Umsätze von vor zwei oder drei Jahren können wir aber heute nicht mehr erzielen. Deshalb halten wir nichts von den geforderten Aufgeldern. Wir schütteln uns die Millionen nicht aus dem Ärmel."

Die Galopper fordern einen festen Sockelbetrag, damit sie besser kalkulieren können. Sie fürchten, dass die Buchmacher auf Zeit spielen wollen. "In Wirklichkeit", so ein Vorstandsmitglied des Dachverbandes, "warten sie nur, bis der Gesetzgeber ihnen erlaubt, auch Sportwetten zu vermitteln. Dann leben sie von Fußballwetten, und wir sitzen nur noch in der Nische."

Grund für den enormen Bedeutungszuwachs der Buchmacher ist die Möglichkeit der Auslandsvermittlung von Wetten. Hohe Beträge werden über Malta oder Bosnien-Herzegowina geschleust, weil es dort keine Wettsteuer gibt und dadurch die Rendite der heimischen Buchmacher nahrhafter wurde. Die Rennvereine liefern die für eine Million Euro pro Jahr produzierten Rennfilme, die Buchmacher machen, so glauben die Galopper, im Ausland mit Hilfe der Bilder ihre dicken Geschäfte.

Immerhin: Gerade haben die Richter des Oberverwaltungsgerichtes Münster die vielerorts schon praktizierte Vermittlung von Fußballwetten als unerlaubtes Glücksspiel qualifiziert.

Beim Hamburger Derbymeeting gilt die "Interimslösung." Renn-Club-Schatzmeister Hans-L. Matthiessen war trotz Umsatzrückgangs (15,6 Prozent) zufrieden: "Die Buchmacher boykottieren uns wenigstens nicht". Die Provisionsgelder der von den Bookies vermittelten Außenwetten helfen Hamburg beim Überleben . . .