Der Manager des FC Bayern kritisiert die Darstellung von Bundestrainer Joachim Löw, der die Bundesliga den anderen europäischen Top-Ligen...

Leipzig. Der Manager des FC Bayern kritisiert die Darstellung von Bundestrainer Joachim Löw, der die Bundesliga den anderen europäischen Top-Ligen hinterherhinken sieht.

Am Nachmittag mussten sie dann doch noch mal in die Leichtathletikhalle am Sportforum. Denn auch in Leipzig war recht wenig von dem zu sehen, was schon seit Tagen kalendarisch angekündigt ist: Statt Frühling gab es Winterwetter mit Schneeschauern, und so verlegten die Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) den abschließenden Lauf über 3500 Meter kurzerhand ins Warme. In die anliegende Turnhalle.

Es war der erste Fitnesstest seit September 2007, den Bundestrainer Joachim Löw die deutschen Nationalspieler absolvieren ließ. Am Morgen mussten sie sprinten und springen. Fünf kurze Antritte und 15 Sprünge, gemessen wurden Zeiten, Weiten und Blutwerte. Bereits am Montag waren die amerikanischen Fitnesstrainer angereist und hatten Beweglichkeit und Koordination geprüft. "Testbatterie", nennt Tim Meyer, der Nationalmannschaftsarzt, den zusammengestellten Übungsparcours. Löw und sein Trainerstab erhoffen sich Aufschluss über den athletischen Zustand der Spieler. Die gemessenen Werte, sagte Meyer, lässt die Führung der Nationalmannschaft nach der Auswertung auch den Bundesligatrainern zukommen.

Es war ja viel debattiert worden in den vergangenen Tagen, weil Löw Defizite in der Bundesliga und auch bei seinen Nationalspielern angemahnt hatte. Elementare Dinge wie Schnelligkeit und Präzision im Passspiel hält er für verbesserungswürdig. So sei es seiner Auffassung nach keine optische Täuschung, dass in England schneller gespielt wird.

Die Reaktionen auf Löws Ausführungen lagen zwischen beipflichtendem Kopfnicken, wie etwa durch seinen ehemaligen Vorgesetzten Jürgen Klinsmann, dem wie Löw das Offensivspiel des FC Barcelona als vorbildlich für eigenes Handeln dient, und andererseits kritischer Distanz.

Am Montag waren jene Ansichten auch auf der turnusmäßigen Tagung zwischen der sportlichen Führung der Nationalmannschaft und den Bundesligatrainern thematisiert worden. Friedensgipfel wurde er bereits genannt, weil es anschließend weitgehende, auch verkündete Einigkeit darüber gab, dass Bundestrainer Joachim Löw nicht als Besserwisser die Liga belehren wolle, sondern lediglich Verbesserungsbedarf anmeldete.

Doch ausgerechnet Klinsmanns Vorgesetzter, Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß, wetterte erst gestern wieder: "In England wurde früher auch schneller gespielt als in Deutschland - und trotzdem haben wir gegen die öfter mal gewonnen." Und dass es ihn stören würde, "dass immer, wenn Länderspiele wie gegen Liechtenstein oder Andorra vor der Tür stehen, die zuständigen Herren vom DFB der Bundesliga zeigen wollen, wie Fußball gespielt wird".

Doch Löws Mahnungen fußen auf Zahlen, die die Defizite des deutschen Fußballs offen legen. In der englischen Premier League beispielsweise laufen die Stürmer 700 bis 800 Meter mehr pro Spiel, Flügelspieler im Mittelfeld 400 bis 500 Meter mehr als ein Profi in Deutschland. Und Angreifer absolvieren sogar bis zu 15 Spurts mehr pro Partie.

Jene Werte hatte Mastercoach, eine Düsseldorfer Firma, die Topklubs aus ganz Europa zu ihren Kunden zählt, bereits vor einem Jahr ermittelt. Auch die Geschwindigkeit der Offensivkräfte in England und Spanien liegt weiter über der der vergleichbaren Bundesligaprofis. "Es ist nicht so, dass in Deutschland weniger gelaufen wird", sagt Löw. Aber ihm sei wichtig, mit welcher Intensität ein Spieler seine Wege gehe.

Löws Erfolgsparameter sind vor allem drei Dinge: Vertikalspiel, geringe Ballkontaktzeiten und ein Spiel ohne Ball in höchstem Tempo. Bereits heute in der ersten Übungseinheit mit Ball wird er Bewegungsabläufe in unterschiedlicher Geschwindigkeit schulen, ein permanenter Wechsel zwischen höchstem Tempo und kurzer Pause.

Dennoch müssen der Bundestrainer und sein Stab immer noch Lobbyarbeit für Tests wie den gestrigen leisten. In den führenden Nationen, in England, Spanien oder Italien, sind solche Überprüfungen seit einiger Zeit schon Normalität. In Deutschland wurde gar im Vorfeld darüber diskutiert, ob den Spielern ein Test mit hoher Intensität in den Wochen vor den entscheidenden Spielen in Bundesliga und Europacup zugemutet werden kann. Es sei nicht mehr als eine etwas intensivere Trainingseinheit gewesen, beschwichtigte Meyer. Er habe das Gefühl, dass er das Gleiche erzähle wie vor zwei, drei Jahren, sagte er noch. Und: "Es geht nicht darum, dass jemand aus der Mannschaft fliegt, wenn die Werte nicht so gut waren. Sondern es geht darum zu sehen, ob die Werte dem Anforderungsprofil einer jeweiligen Position entsprechen."

Selbst wenn die Werte, die Löw heute erhält, nicht berauschend sein sollten: Für das Duell mit dem international drittklassigen Gegner Liechtenstein am Sonnabend in Leipzig (20 Uhr, ZDF) müsste es allemal reichen. Im Hinspiel siegte Deutschland 6:0.