Aus dem einstigen Erfolgsprojekt ist binnen kurzer Zeit ein Krisenklub geworden. Was sich ändern muss.

Hamburg. Phil Anschutz hat seit Jahren kein Interview gegeben. Die Öffentlichkeit wird daher nie erfahren, was der US-Milliardär am 13. März zu später Stunde dachte. Der 69-Jährige hatte sich an jenem Abend die erste Viertelfinalpartie seiner beiden Eishockeyteams aus Berlin und Hamburg angesehen. Die Verwunderung des in Kansas geborenen Investors dürfte groß gewesen sein. Denn seine Betriebsmannschaften trennten Welten.

Eine Beobachtung, die sich in den weiteren Spielen der einseitigen Serie bestätigen sollte und die symbolisch für die Entwicklung der beiden Klubs steht. Während der einstige DDR-Serienmeister auf dem besten Weg zum vierten gesamtdeutschen Titel innerhalb von fünf Jahren ist, haben die Freezers mit dem erstmaligen Aus ohne einen Sieg im Viertelfinale einen weiteren Tiefpunkt erreicht. Aus dem einstigen Hamburger Erfolgsprojekt ist ein Krisenklub mit gefühltem Verliererimage geworden.

Die Abwärtstendenz ist nicht neu, sie hat sich in den vergangenen Monaten aber weiter verschärft. Weniger als 8000 Fans wollten die "Eisschränke" im Schnitt in der einst dauerausverkauften Color-Line-Arena sehen. Erneut erreichte das Team nur über den kraftzehrenden Umweg Hoffnungsrunde das Viertelfinale und blieb somit deutlich hinter den Erwartungen zurück. Erstmals in der Klubgeschichte wird der Misserfolg finanzielle Konsequenzen haben, die Freezers müssen künftig mit einem kleineren Etat auskommen.

Eigner Anschutz zieht damit offenkundig die Zügel an. Veränderungen in der zu lange uninspiriert wirkenden Mannschaft (siehe unten) werden auch aus diesem Grund unvermeidlich sein. Ein Fortschritt wäre geschafft, wenn der Klub aus der Not eine Tugend machen und um einige etablierte Profis eine junge und hungrige Mannschaft formen würde.

"Wir werden in der nächsten Saison andere Freezers erleben", hatte Geschäftsführer Boris Capla allerdings auch schon nach der verkorksten Vorsaison versprochen - stattdessen gaben die Hamburger nicht nur auf dem Eis einmal mehr ein miserables Bild ab. Die angekündigten elementaren Änderungen in der Außendarstellung blieben bis auf John Tripps Wohltätigkeitsaktion Stückwerk. Es fehlt an Ideen, Know-how und Mut.

Querelen gab es dafür umso mehr: Zuletzt beschwerten sich sogar maßlos verärgerte Spieler unter anderem beim Abendblatt über die Geschäftsführung. Diese hatte auch rund um den Rausschmiss von Bill Stewart einmal mehr keine gute Figur abgegeben. Boss Capla stellte den damaligen Coach zu einem Zeitpunkt infrage, als die sportliche Misere längst noch nicht die späteren Dimensionen erreicht hatte, und nahm dem Coach so die Autorität.

Erst mehrere Wochen später wurde der Trainerwechsel vollzogen. Stewart musste als schwächstes Glied in der Kette der Verantwortlichen für die ausbleibenden Erfolge büßen. Immerhin erwies sich Nachfolger Paul Gardner nach Anlaufschwierigkeiten als Glücksgriff. Der bei Fans und Spielern beliebte Kanadier ist sympathisch, seine Bilanz überzeugend. Zu glauben, dass der 53-Jährige allein einen Neuanfang einleiten kann, wäre allerdings vermessen.

Anders als Phil Anschutz stellt sich dessen Europachef Detlef Kornett von Zeit zu Zeit der Öffentlichkeit. Im Januar hatte er im Abendblatt angekündigt, nach der Saison entsprechend zu handeln, wenn die Freezers bis dahin nicht auf dem richtigen Weg seien. Fakt ist: Sie sind es nicht. "Es gibt nichts, was unumstößlich ist", hatte Kornett angekündigt. Soll der Eishockeystandort Hamburg eine Zukunft haben, wäre es höchste Zeit, diese Aussagen auch in die Tat umzusetzen.