David Jarolim (Foto) erstellt ein Anforderungsprofil für die neben ihm frei gewordene Position im Mittelfeld. Bilder von Nigel de Jong.

Hamburg. Sein Wagen fehlte. Als Nigel de Jongs Mannschaftskameraden gestern um 10.30 Uhr in den Kraftraum gingen, war der Niederländer bereits unterwegs. Um sieben Uhr morgens ging es für den 24-Jährigen im Flieger nach Manchester, am frühen Nachmittag stand der Medizincheck an. Nachdem sich Berater Rodger Linse in der Nacht zu Mittwoch auf einen viereinhalb Jahre laufenden Vertrag mit dem Premier-League-Klub Manchester City geeinigt hatte, unterschrieb der Spieler gestern Abend und soll dort heute präsentiert werden.

Für knapp 19 Millionen Euro wechselt der 2006 nach Hamburg gekommene defensive Mittelfeldspieler, der knapp sechs Millionen Euro pro Jahr verdienen wird, auf die Insel, beschert dem HSV dessen größte jemals erzielte Ablösesumme - und stellt den Verein vor eine große Herausforderung: "Nigels Wechsel ist ein herber Schlag", wiederholt sich Trainer Martin Jol und richtet seinen Appell an die sportliche Leitung: "Es ist nicht leicht, im Winter gute Spieler unter Vertrag zu nehmen, aber ich werde sehr aktiv bei der Suche helfen."

Und die Spieler glauben an ihre Führungskräfte. "So ein Verlust tut natürlich sehr weh", sagt David Jarolim, "aber der Verein ist gut aufgestellt. Diese Situation gab es in den letzten Jahren immer wieder - und trotzdem wächst der HSV. So wird es auch diesmal sein." Soll heißen: gleichwertiger Ersatz wird erwartet.

Dennoch haben sich die Verantwortlichen noch nicht endgültig festgelegt, wie reagiert wird. Im Gespräch ist ein direkter Ersatz ebenso wie der Kauf eines Innenverteidigers, einhergehend mit der Übergangs(not)lösung der Hinrunde. Da spielten in zehn der 17 Partien Alex Silva, Guy Demel oder Collin Benjamin neben Kapitän Jarolim als Vertreter des verletzten Niederländers. Eine Lösung, die nicht alle Spieler favorisieren. "Nigel hat eine kämpferische Qualität, ist zudem ballsicher und gut im Aufbau. Alex und Collin haben das gut gemacht - aber Nigel hat eben gewisse Qualitäten", sagt Joris Mathijsen.

Auch de Jongs Kompagnon im defensiven Mittelfeld steht einer internen Lösung eher kritisch gegenüber. "Alex hat super gespielt, Collin haut sich immer wieder voll rein und erfüllt seine Aufgaben wie ein echter Allrounder - dafür genießen beide höchsten Respekt bei mir. Aber Nigel hatte ganz sicher seine eigenen Qualitäten - der war ein Beißer, war aggressiv und frech. Und das wird uns fehlen. Es ist wichtig, diese Position mit einem richtigen 'Sechser' zu besetzen", so Jarolim. Geht es nach ihm, werden dabei nur die höchsten Maßstäbe angelegt. "Nigel war einer, der immer voll reingehauen hat. Vor ihm hatte jeder Gegner Respekt. Der war ein richtiger Metzger, der von hinten kam. So einen brauchen wir wieder."

Zwei Namen, die beim HSV hoch gehandelt, aber wohl nicht zu realisieren sein werden, sind Stephane Mbia Etoundi (22, Stade Rennes) und Lorik Cana (25, Olympique Marseille), der mit 16 Millionen Euro Marktwert die Ablösesumme de Jongs fast komplett verschlingen würde. Zudem haben sowohl Stade Rennes als auch Olympique Marseille bekundet, ihre umworbenen Spieler nicht abgeben zu wollen.