Experten halten Fußball-Fanfeste auch während der Saison für möglich. Hamburger Hochschule für Medien und Kommunikation erarbeitet eine Machbarkeitsstudie. Hier gibt es Bilder vom Trainingstrainingslager.

Hamburg. Die Idee ist faszinierend: HSV gegen Bayern München, das Spitzenspiel des Tabellenvierten gegen den -zweiten zum Auftakt der Rückrunde der Fußball-Bundesliga, könnte am Freitagabend, dem 30. Januar, nicht nur live von 57 000 Zuschauern in der seit Wochen ausverkauften Nordbank-Arena zu sehen sein, sondern gleichzeitig im Rahmen eines Fanfestes auf einem öffentlichen Platz in Hamburg. Zehntausenden Fußball-Anhängern würde die Möglichkeit geboten, den Nord-Süd-Gipfel ebenfalls in einer Art Stadionatmosphäre zu erleben.

Studenten der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation im Bahren-Park halten das für möglich. Sie haben in einer Studie zum weltweiten Public Viewing das Szenario mit ihrem Professor Hans-Jürgen Schulke durchgeplant, erste Gespräche mit Polizei und Agenturen geführt und die Veranstaltung einer Machbarkeitsprüfung unterworfen. Ihr Urteil: Selbst in den verbleibenden 18 Tagen sollte das Event organisiert werden können. Erste Kostenschätzung: bis zu 80 000 Euro.

Der Sportsoziologe Schulke (63) gilt als einer der Väter des Public Viewings in Deutschland. Als Direktor des Sportamtes in Hamburg (bis Juli 2005) räumte er im Vorfeld der Fußball-WM 2006 die Sicherheitsbedenken von Polizei und Ministern der Bundesländer aus. Die Fanfeste wurden zum Wort des Jahres 2006, erhielten den Sponsoringpreis und wurden in das Regelwerk der Fifa-Weltmeisterschaften aufgenommen. Längst sind sie nicht mehr dem Fußball vorbehalten. Papst- und Politikerbesuche (Barack Obama in Berlin) werden heute über Videowalls Hunderttausenden zugänglich gemacht, sogar die Wagner-Festspiele in Bayreuth erschlossen sich abseits des Grünen Hügels ein neues Publikum. Die Leichtathletik-Weltmeisterschaften im August in Berlin werden nicht nur im Olympiastadion zu sehen sein, auch vor dem Brandenburger Tor - mit Essen, Getränken und Musik.

Drei Standorte haben die Studierenden der Medienhochschule für das anstehende HSV-Spiel evaluiert: die Trabrennbahn in Bahrenfeld, den Spielbudenplatz auf St. Pauli und das benachbarte Heiligengeistfeld. Alle drei Stätten haben ihre Massen-Tauglichkeit bereits bewiesen. Bei den Trabern rockten die Rolling Stones vor mehr als 70 000, auf dem Spielbudenplatz feierten rund 25 000 Fans des FC St. Pauli am 25. Mai 2007 den Aufstieg in die Zweite Bundesliga, und die friedlich-fröhlichen Fanfeste auf dem Heiligengeistfeld mit bis zu 50 000 Besuchern waren bei der WM Teil des Sommermärchens.

Weil die ARD das Spiel HSV gegen Bayern live überträgt, sollte die Beschaffung des TV-Signals keine Probleme machen. Die öffentlich-rechtlichen Sender zeigten in der Vergangenheit stets Kooperationsbereitschaft, obwohl die Rechtelage bis heute nicht eindeutig geklärt ist. Größe Unwägbarkeiten birgt die winterliche Wetterlage. Für die Trabrennbahn spräche, dass eine Location auf St. Pauli HSV-Anhängern noch zu vermitteln wäre. In Bahrenfeld könnten im inneren Feld des Geläufs mobile Videowalls (Tagespreis: bis 40 000 Euro) mit Trucks aufgefahren werden, die von der Tribüne aus einsehbar sind. 10 000 Zuschauer hätten einen geschützten Blick aufs Fernsehbild, weitere rund 15 000 Fans könnten das Spiel im Freien verfolgen.

Ein Fanfest, weiß Schulke, ist aber mehr als die bloße Wiedergabe der Fernsehbilder. "Die Leute sollten sich mit Szenen aus alten HSV-Bayern-Spielen, Choreografien und Fangesängen in Stimmung bringen, eine animierende Moderation wäre förderlich, hinterher könnten HSV-Spieler zum Interview vorbeischauen." Zur Finanzierung bieten sich drei Modelle an: Catering, Sponsoring oder ausnahmsweise geringe Eintrittsgelder.

Fakt ist indes: Die Bundesligaklubs haben das Instrument Public Viewing zur Image- und Fanpflege erst ansatzweise entdeckt. Dabei generieren diese Events neuen Nutzwert für Vereine und Sponsoren. Schulke: "Vorstellbar wäre, dass die Klubs bei wichtigen Auswärtsspielen ihre Arenen für Fanfeste öffnen." Das dürfte nicht nur HSV- und Bayern-Anhänger begeistern.