“Für deutsche Schiedsrichter lege ich die Hand ins Feuer“, hatte Frank Bohmann am Donnerstag bei Auslosung des Final Four in Hamburg gesagt. Am...

Hamburg/Wien. "Für deutsche Schiedsrichter lege ich die Hand ins Feuer", hatte Frank Bohmann am Donnerstag bei Auslosung des Final Four in Hamburg gesagt. Am Sonnabend gestand der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL): "Ich habe sie mir verbrannt." Mit den Magdeburgern Frank Lemme und Bernd Ullrich ist das beste deutsche Gespann unter Bestechungsverdacht geraten.

Im vergangenen August hatten sie noch das Olympiafinale Frankreich-Island (28:23) in Peking ohne Beanstandungen geleitet. Am Sonntag nun suspendierte sie die Europäische Handball-Föderation EHF. Sie dürfen bis auf Weiteres keine Spiele pfeifen, auch in der Bundesliga nicht. Ihre Karrieren scheinen beendet. Am Freitagabend hatte die HBL sie kurzfristig vom Spiel HSV-Kiel abgesetzt.

Darum geht es: Am 29. April 2006 hatten Lemme/Ullrich das Finalrückspiel im Europapokal der Pokalsieger zwischen Medwedi Tschechow und BM Valladolid gepfiffen. Die Russen siegten nach dem 29:36 in Spanien 32:24 und holten überraschend den Pokal. Bei der Ausreise fand der Zoll am Moskauer Flughafen 50 000 Dollar in Ullrichs Sporttasche. Sie lagen in einer Plastiktüte. Ullrich musste alles Geld zurückgeben, dazu sein eigenes. Den Vorgang meldeten die beiden erst am vergangenen Mittwoch dem Schiedsrichterausschuss der Bundesliga - als "Der Spiegel" sie mit den Anschuldigungen konfrontierte. Aus Angst hätten sie drei Jahre lang geschwiegen, gaben sie jetzt zu Protokoll.

Lemme/Ullrich bestreiten, den Spielausgang manipuliert zu haben. Lemme sei vor dem Spiel von einer ihm bekannten Person, deren Namen er nicht nennen wolle, angesprochen worden. Das Ansinnen, Einfluss auf die Begegnung zu nehmen, hätte er abgelehnt. Seinem Partner erzählte er davon erst auf dem Flughafen. "Auch wenn unsere Geschichte unglaubwürdig klingt, sie ist wahr. Wir sind reingelegt worden. Die Russen wollten unseren Ruf ruinieren, weil wir nicht auf ihr Angebot eingegangen sind und sie fürchteten, wir würden den Vorfall wie vorgeschrieben sofort publik machen", sagte Ullrich. "Wir sind doch nicht so blöd, 50 000 Dollar durch den russischen Zoll schmuggeln zu wollen. Wir haben nie ein Spiel verschoben." Russische Quellen behaupten das Gegenteil. Tschechows mächtiger Trainer Wladimir Maximow, damals zugleich Coach der russischen Nationalmannschaft, hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass in seinem Safe größere Devisenbestände liegen.

Lemme/Ullrich haben ihre Darstellung inzwischen der HBL gefaxt. "Beide Versionen können uns nicht zufriedenstellen", sagte Geschäftsführer Bohmann. Die Vorwürfe gegen die Magdeburger Schiedsrichter drohen den Handball nach der weiter schwelenden Affäre um den THW Kiel, der zehn Champions-League-Spiele gekauft haben soll, endgültig um seine Glaubwürdigkeit zu bringen. "Der Handball hat ein Korruptionsproblem", sagt Bohmann, der empfiehlt, die Fälle extern aufklären zu lassen. Heute beraten HBL und der Deutsche Handballbund (DHB) in Dortmund ihr weiteres Vorgehen.

"Der Handball muss jetzt schnell handeln, sonst setzen wir unseren Ruf bei Zuschauern, Sponsoren und dem Fernsehen aufs Spiel", fordert HSV-Geschäftsführer Peter Krebs. "Wir müssen sofort Maßnahmen ergreifen, zum Beispiel, dass die Schiedsrichteransetzungen den Vereinen nicht mehr mitgeteilt werden. Das kann morgen umgesetzt werden. Dass die Regeln eindeutiger formuliert werden müssen, ist das nächste Problem. Das sollte in den nächsten Monaten geschehen."