Nach dem Ausfall seines rechten Rückraums erprobt der HSV Alternativen für das Champions-League-Spiel gegen Portland San Antonio. Eine Neuverpflichtung scheint ausgeschlossen.

Pamplona. "Dort haben wir letztes Mal gewohnt!" "Da vorn rechts kommt gleich das Stadion!" "Lag die Halle nicht dahinten?" Die Busfahrt zum Pabellón de la Universidad Pública de Navarra hat bei den HSV-Handballern manche Erinnerung geweckt. Kein Jahr ist es her, dass die Hamburger hier den größten Erfolg der Vereinsgeschichte feiern durften. 32:32 hatte es am Ende des Champions-League-Hauptrundenspiels gegen Portland San Antonio geheißen, das reichte, um ins Halbfinale einzuziehen. Kyung-Shin Yoon war zum umjubelten Helden des Spiels geworden: Er hatte kurz vor dem Ende einen Siebenmeter herausgeholt und diesen dann verworfen, und zwar so grandios, dass es den Spaniern nicht mehr gelang, den Ball bis zur Schlusssirene noch einmal vors Tor zu bringen.

Am Sonntag (15.45 Uhr/Eurosport) kommt es zur Neuauflage dieser legendären Partie, und Yoon ist im, Vorfeld wieder ein gefragter Mann beim HSV. Seit Freitag bemühen sich die Verantwortlichen intensiv um Kontakt zum Rekordtorschützen der Bundesliga, der im Sommer in seine südkoreanische Heimat zurückgekehrt war. Aber nicht, um über alte Zeiten zu reden. Im Notfall, das hatte der inzwischen 35-Jährige bei seinem Abschied gesagt, stünde er bereit, um seinem alten Arbeitgeber zu helfen. Dieser Notfall ist nun eingetreten: Erst verletzte sich Marcin Lijewski am Meniskus, dann sein Bruder Krzysztof am Sprunggelenk. Damit steht dem HSV-Rückraum auf unbestimmte Zeit kein Linkshänder zur Verfügung, und das in diesen Wochen, die am Ende über Wohl oder Übel dieser Spielzeit entscheiden werden.

Am Sonntag wird sich dieser Totalausfall noch verschmerzen lassen. Der HSV führt die Gruppe mit 8:0 Punkten klar an, auch eine Niederlage in Pamplona wird den Einzug ins Viertelfinale kaum gefährden können. Er dürfte spätestens im abschließenden Hauptrundenspiel gegen Tschechow am Mittwoch (19 Uhr, Color-Line-Arena) besiegelt werden.

Doch im Kampf um die Champions-League-Startplätze der nächsten Saison und fürs Viertelfinale Ende März, Anfang April könnten die Hamburger Verstärkung gut gebrauchen. Was die Sache und die Suche schwierig macht: Die offizielle Wechselfrist ist bereits verstrichen. Der HSV könnte den Statuten der Bundesliga nach nur noch einen Spieler unter Vertrag nehmen, der nicht schon bei einem anderen Erst- oder Zweitligaverein unterschrieben hat. Yoon trat nach seinem Abgang für den Verein Doosan in der südkoreanischen Meisterschaft an. Ob der Vertrag noch gültig ist, versucht der HSV nun fieberhaft zu ergründen. Im Halbstundentakt klingelte der sportliche Leiter Christian Fitzek bei dem 2,11-Meter-Mann an, versuchte es über Yoons Kontaktmann in Gummersbach, verschickte E-Mails - bislang ohne Reaktion. Die Hoffnung freilich ist ohnehin sehr vage.

Alternativen gibt es kaum. "Uns würde nur ein Spieler weiterhelfen, der das Niveau dieser Mann-schaft hat und einen solchen sehen wir nicht auf dem Markt", sagt Fitzek. Trainer Martin Schwalb wird das Loch in seinem Kader wohl mit Bordmitteln stopfen müssen. Im Training am Sonnabend setzte er bevorzugt Kreisläufer Bertrand Gille und Rechtsaußen Hans Lindberg auf der Lijewski-Position ein. Auch Arne Niemeyer und Kapitän Guillaume Gille haben sich schon mal halbrechts versucht.

Gerade die Franzosen haben ja in der jüngeren Vergangenheit bewiesen, dass man auch mit drei Rechtshändern im Rückraum erfolgreich Handball spielen kann. Nationaltrainer Claude Onesta bevorzugt diese Spielweise. Im vergangenen Halbjahr wurde er mit dieser Strategie erst Olympiasieger und dann Weltmeister. Der HSV kann nun beweisen, wie gut er improvisieren kann. Geht das Experiment auf, wird Pamplona eine schöne Erinnerung bleiben.