Der Niederländer Luhukay war bis vor kurzem Coach beim FC Augsburg, hatte die Bayern aber trotz des Klassenverbleibs vorzeitig verlassen.

Berlin. Für Hertha ist die Saison noch längst nicht vorbei. Nach dem Einspruch gegen die Wertung des Chaosspiels von Düsseldorf zeigen sich die Berliner wild entschlossen und optimistisch, den sechsten Abstieg aus der Bundesliga doch noch vermeiden zu können. Der Urlaub ist verschoben, das Berlin-Abenteuer von Otto Rehhagel geht in die Verlängerung. Am Freitag schickt der Chefcoach seine Profis wieder auf den Platz. „Wir trainieren wie vor einem regulären Bundesligaspiel“, verkündete Clubsprecher Peter Bohmbach.

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Kurzfristig will Hertha in einem Wiederholungsspiel den Verbleib in Deutschlands Eliteklasse sichern – langfristig hat die Hoffnung der in dieser Saison von einer Krise in die nächste getaumelten Hauptstädter einen Namen: Jos Luhukay. Nach übereinstimmenden Medienberichten wird der Niederländer als Rehhagel-Nachfolger an der Spree einen Zweijahresvertrag für die 1. und 2. Liga unterschreiben.

Der frühere Coach von Borussia Mönchengladbach und dem FC Augsburg landete am Donnerstag in Berlin und wurde am Flughafen Tegel von Hertha-Sprecher Bohmbach abgeholt. Dieser wollte die Berichte über die Neuverpflichtung aber weder bestätigen noch dementieren. Erst vor knapp zwei Wochen hatte Luhukay seinen Vertrag in Augsburg aufgelöst, nachdem er die Bayern in die Erstklassigkeit geführt und prompt den Klassenverbleib gefeiert hatte. Bei seiner Verabschiedung deutete er an, nicht mehr die volle Rückendeckung des Clubs zu spüren.

Ob er in Berlin künftig eine Erst- oder Zweitligamannschaft trainieren wird, ist noch offen. Das 2:2 im Relegationsrückspiel bei Fortuna Düsseldorf hatte den Absturz der Hertha sportlich besiegelt - aber die Hauptstädter wollen am Grünen Tisch ein Wiederholungsmatch erstreiten. „Mit einem sportlichen Geschehen hatte dies nichts mehr zu tun“, sagte Manager Michael Preetz zu den Vorfällen vom Dienstag, als Fortuna-Fans schon vor dem Abpfiff den Rasen gestürmt hatten. „Die Spieler hatten Angst. Es ging nicht mehr um das sportliche Geschehen, sondern um die eigene Sicherheit.“

Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt ist zuversichtlich, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dem Protest gegen die Spielwertung stattgeben wird. „Wir haben eine große Chance. Das Sportgericht wendet einfach die eigene Satzung an. Und da steht klipp und klar drin, dass ein Spiel, das unter solchen Umständen stattfindet, nicht gewertet wird und wiederholt wird“, sagte der Anwalt.

Am Freitag um 15.00 Uhr wird in Berlin nun wieder trainiert. Kurios: Zeitgleich tagt das DFB-Sportgericht, um über das Anliegen der Berliner zu beraten. Die mündliche Verhandlung beginnt um 13.30 Uhr in der Frankfurter Verbandszentrale. Gegen eine Entscheidung des Sportgerichts können beide Vereine aber nochmal Einspruch einlegen, das Verfahren würde dann vor das DFB-Bundesgericht gehen.

Allerdings droht Hertha wegen der chaotischen Schlussphase von Düsseldorf auch Ungemach: Der DFB-Kontrollausschuss leitete Ermittlungen gegen die Profis Lewan Kobiaschwili, Thomas Kraft, Christian Lell und Andre Mijatovic ein. Kobiaschwili wird nach DFB-Angaben vom Mittwochabend vorgeworfen, Schiedsrichter Wolfgang Stark nach Spielschluss in den Nacken geschlagen zu haben. Seine drei Teamkollegen sollen den Referee nach dem Abpfiff beleidigt haben.

Für Otto Rehhagel hätte die Berliner Rettungsmission, die grandios zu scheitern droht, nicht turbulenter enden können. Wobei der Altmeister von einem Ende noch nicht sprechen will. „Jetzt zählt nur noch Hertha und der Protest!“, sagte Rehhagel der „Bild“-Zeitung. In der Vorwoche hatte der Coach verkündet, nach dem Relegationsrückspiel in den Urlaub zu fahren. Zu den chaotischen Szenen in Düsseldorf sagte er: „Die Begleitumstände sind natürlich eine Katastrophe.“

Sollte nicht noch ein sportjuristisches Wunder geschehen, fällt Berlin in die Peinlichkeit zurück, einzige Hauptstadt Europas ohne Erstliga-Verein zu sein. Und ob die Bundesliga-Rückkehr wie nach dem Abstieg vor zwei Jahren erneut auf Anhieb gelingt, scheint mehr als fraglich. Hertha muss sparen, dem Team droht der Ausverkauf. Statt 25 Millionen stehen dem von 37,5 Millionen Schulden gedrückten Verein künftig noch etwa zehn Millionen Euro für das Personal zur Verfügung.

Bei einem Abstieg gilt als sicher, dass vor allem die teuren Südamerikaner Raffael, Ronny und Adrian Ramos nicht zu halten sein werden. Ein Neuaufbau um den neuen Anführer Thomas Kraft und Peter Niemeyer ist die Herkulesaufgabe des Managers, der nach dem Willen von Präsident Werner Gegenbauer weiter Michael Preetz heißen soll - dagegen formiert sich aber bereits seit längerem Widerstand im Präsidium. Das Chaos in Berlin scheint noch länger anzudauern. (dpa)