Christopher Borchard ist Spieler, der eigentlich nie schlecht spielt - dennoch ist sein Nachname selbst in Fachkreisen oft unbekannt.

Hamburg. Er hat ihn nicht vergessen, diesen 5.Dezember 2010, es war ein Sonntag, an dem Seltenes passierte, denn: Christopher Borchard spielte sich ins Rampenlicht. Beim 9:4-Sieg gegen den Club an der Alster in der Nordgruppe der Hallenhockey-Bundesliga traf der Kapitän des Harvestehuder THC dreimal, darunter war ein Tor der Kategorie „Weltklasse“. Borchard muss lachen, wenn er an diesen Treffer denkt, es war in der Halle möglicherweise das beste Spiel, das er je gemacht hat, und wenn man weiß, dass Borchard ein Spieler ist, der eigentlich nie schlecht spielt, dann fragt man sich schon, warum sein Nachname selbst in Fachkreisen noch immer so unbekannt scheint, dass er oft falsch geschrieben wird.

Der Mann, den alle seit der Jugend nur „Buggi“ nennen, hat dafür, dass er als Kapitän einer Bundesligamannschaft nie für eine Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes spielte, eine einleuchtende Erklärung. „Normalerweise spiele ich unauffällig“, sagt er, und das stimmt. Beim HTHC gibt es mindestens ein halbes Dutzend Namen, die bekannter sind als seiner. Borchard ist einer jener Spieler, die nur auffallen, wenn sie nicht auf dem Feld stehen, weil dann ein Stabilitätsfaktor fehlt. Der 26-Jährige spielt seinen Part als rechter Verteidiger dermaßen solide, dass sein Trainer Christian Blunck sich eine Mannschaft ohne ihn kaum noch vorstellen kann. „Auf Buggi kann ich mich in jeder Sekunde hundertprozentig verlassen“, sagt der Olympiasieger von 1992.

Borchard hört solches Lob gern, es ist für ihn die Bestätigung der eigenen Wahrnehmung. Er sei nicht nur im Sport, sondern auch im Berufs- und Privatleben ein bodenständiger Typ, der immer versuche, das Optimum herauszuholen. „Man investiert so viel Zeit in die Dinge, die einem wichtig sind, dass es doch verrückt wäre, dann nicht alles zu geben“, sagt er. Nach einer Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann studiert er derzeit im vierten Semester BWL an der Uni Hamburg, das Studium verdient er sich mit einem Job bei der Atlantic Chemicals Trading, die mit Lebensmittelrohstoffen handelt. Mit Freundin Carolin Wende lebt er seit vier Jahren in Winterhude, als Leichtathletin beim HSV hat sie Verständnis für sein Doppelleben zwischen Leistungssport und Beruf.

Als Fünfjähriger hatte der gebürtige Hamburger bei Horn-Hamm mit dem Hockeyspielen begonnen, mit zwölf wechselte er zum HTHC. Er kann sein Debüt in der Ersten Herrenmannschaft mit Datum und Ergebnis nennen, 27.April 2002, ein 3:1 gegen Alster. Seitdem gibt er alles, in jedem Spiel. Der Lohn war im Sommer 2008, als Nationalspieler Tobias Hauke zu Rot-Weiß Köln wechselte, das Kapitänsamt. Klar, dass es leichten Drucks bedurfte, um Borchard davon zu überzeugen, der richtige Mann für den Posten zu sein. „Aber mittlerweile bin ich in das Amt hineingewachsen, ich fühle mich wohl und denke, dass ich ein guter Kapitän bin“, sagt er. So gut, dass Hauke nach seiner Rückkehr im vergangenen Sommer Borchards Angebot, die Binde zurückzugeben, ablehnte.

Sein Credo hat der HSV-Fan längst verinnerlicht. „Ich will das Team mit Leistung führen, nicht mit Worten“, sagt er. Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich am Sonnabend (16 Uhr, Wesselblek). Dann muss der HTHC beim Uhlenhorster HC siegen, um in der Best-of-three-Viertelfinalserie um die deutsche Feldmeisterschaft ein drittes Spiel am Sonntag zu erzwingen. „Ich glaube, dass das möglich ist“, sagt Christopher Borchard. Für ihn ist das schon eine Kampfansage. Die Taten wird er auf dem Platz folgen lassen. (bj)

Die Herren des Clubs an der Alster gehen mit einer 1:0-Führung ins zweite Viertelfinalspiel beim Mannheimer HC (Sa., 17 Uhr). Die UHC-Damen starten ihre Halbfinalserie beim Berliner HC (So., 15 Uhr).