Nach einem spektakulären Unfall von Vettel feiert der Brite Lewis Hamilton seinen ersten Saisonsieg. Michael Schumacher wird Vierter.

Istanbul. Sebastian Vettel hat im Kampf um den Sieg in Istanbul die Nerven verloren und ist nach einem spektakulären Crash mit seinem Teamkollegen ausgeschieden. Der Red-Bull-Pilot kollidierte beim Großen Preis der Türkei bei Tempo 240 mit seinem Mark Webber. Während der Australier mit einem leicht beschädigten Auto weiterfahren konnte und nach zuletzt zwei Siegen noch den dritten Platz und die WM-Führung ins Ziel rettete, schied Unglücksfahrer Vettel aus und verschwand stocksauer im Motorhome.

Durch Vettels unverständliches Rambo-Manöver war der Weg für Ex-Weltmeister Lewis Hamilton und Titelverteidiger Jenson Button zum McLaren-Doppelschlag frei. Allerdings hätten sich auch die beiden Briten um ein Haar selber abgeschossen und damit sogar Michael Schumacher den Sprung aufs Treppchen ermöglicht. So aber belegte der Rekordweltmeister beim vielleicht besten Rennen nach seinem Comeback im Mercedes den vierten Platz, gerade mal 6,8 Sekunden hinter Webber, aber noch vor seinem Teamkollegen Nico Rosberg (Wiesbaden) auf Rang fünf.

„Ich bin offensichtlich nicht der glücklichste Mensch der Welt. Aber ich war nicht zu übereifrig. Ich habe einfach versucht, meine Chance zu nutzen“, sagte Vettel zum Crash in Runde 41: „Unter Teamkollegen ist das natürlich besonders blöd. Aber man sollte sich auch immer den nötigen Platz geben.“ Mark Webber hatte dazu eine ganz andere Position: „Sebastian war sehr schnell. Er zieht aus meiner Sicht zu früh nach rechts.“

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Red-Bull-Rennsportchef Helmut Marko stellte sich auf die Seite von Vettel: „Mark hätte dieses Manöver nie machen dürfen.“ Red-Bull-Teamchef Christian Horner („Es ist inakzeptabel, so einen Sieg zu verschenken“) raufte sich nach Vettels Crash entgeistert die Haare und schüttelte immer wieder den Kopf. Offenbar hatte es aus der Box einen Hinweis gegeben, dass Vettel als Schnellerer überholen dürfe.

Vor Vettels Motorhome lauerten die Reporter. Vettel machte eine abfällige Handbewegung in Richtung von Webber und wollte bloß schnell weg. In der Hitze des Gefechts gab es sogar Tumulte, die Fäuste flogen.

Webber behauptet in der WM-Wertung auch nach dem siebten Rennen des Jahres mit 93 Punkten die Führung. Neuer Zweiter ist Button (88) vor Hamilton (84), der seinen ersten Saisonsieg feierte. Vettel (78 Zähler) fiel sogar noch hinter den zweimaligen Weltmeister Fernando Alonso (Spanien/79), der im 800. Formel-1-Rennen von Ferrari hinter seinem Teamkollegen Felipa Massa (Brasilien) nur Achter wurde, auf den fünften Gesamtrang zurück.

Im Gegensatz zu Vettel kam Force-India-Pilot Adrian Sutil (Gräfelfing) ins Ziel und wurde als Neunter mit zwei WM-Punkten belohnt. Williams-Pilot Nico Hülkenberg (Emmerich) wurde 17., deutsches Schlusslicht am Sonntag war Timo Glock (Wersau/Virgin) auf dem 18. Platz.

Beim Start zog Webber nach seiner dritten Pole Position in Serie gleich davon, doch dahinter wurde um jeden Meter gekämpft. Hamilton hielt Vettel hinter sich, und Schumacher trickste sogar Weltmeister Button aus und schob sich zunächst auf Rang vier vor. Der Rekordweltmeister hatte seinen Aufwärtstrend bereits am Tag zuvor im Qualifying angedeutet, wo er mit Startplatz fünf sein bislang bestes Resultat nach dem Comeback verbuchte.

Button hatte an diesem Tag aber das deutlich schnellere Auto und zog schon kurz darauf wieder an Schumacher vorbei. Rund eine Sekunde war der Mercedes pro Runde langsamer als Buttons McLaren. Während ganz vorne das Duell zwischen Red Bull und McLaren die wenigen Zuschauer im Instanbul Park in Atem hielt, waren die Silberpfeil-Piloten Schumacher und Rosberg „Best of the Rest“.

Turbulent wurde es in der 15. und 16. Runde, als die Top 5 ihre jeweils ersten Reifenwechsel einlegten. Zunächst kamen Vettel und Schumacher an die Box, danach Webber, Hamilton und Button. Dabei arbeitete die Red-Bull-Crew einen Tick schneller und bescherte Webber und Vettel eine Doppelführung vor dem McLaren-Duo.

Dahinter sah sich Schumacher in seiner Einschätzung vor dem Rennen bestätigt. „Red Bull fährt derzeit in einer eigenen Welt“, hatte der Rekordweltmeister gesagt. Nur McLaren kann da doch noch mithalten.“

Teamchef Ross Brawn hat versichert, dass Mercedes in jedem Fall in der Formel-1-Saison 2011 mit Michael Schumacher und Nico Rosberg als Fahrer an den Start gehen wird. Damit wies er alle aufkommenden Gerüchte zurück, dass Schumacher bei ausbleibendem Erfolg seine Comeback-Tour möglicherweise noch in diesem Jahr beenden könnte. „Wir sind mit unseren Fahrern sehr zufrieden, Michael und Nico fühlen sich bei uns ebenfalls sehr wohl“, sagte der Brite in Istanbul.