Die Eishockey-WM in Deutschland ist Geschichte. Hamburgs Nationalstürmer Alex Barta zieht im Abendblatt sein Fazit.

Hamburg. Als ich gestern Mittag in Hamburg meine Wohnungstür aufschloss, da war ich schon froh, meine Eishockeytasche in die Ecke werfen und erst einmal richtig durchatmen zu können. Hinter mir liegen die verrücktesten Wochen meiner Eishockey-Karriere. So etwas wie bei dieser Heim-WM wird wahrscheinlich keiner von uns Spielern mehr in seiner aktiven Karriere erleben, und um das Erreichte realisieren zu können, werde ich noch Tage brauchen.

Natürlich waren wir alle am Sonntag enttäuscht. Wenn man ein Halbfinale erreicht hat, dann ist der vierte Platz vordergründig betrachtet das Schlechteste, was möglich ist. Aber viel bitterer als die verdiente Niederlage gegen die Schweden war das Halbfinalaus gegen die Russen, weil wir dort so nah dran waren an der Sensation. Am Abend haben wir im Hotelzimmer noch lange zusammengesessen und uns bewusst gemacht, dass so eine Chance vielleicht erst in 57 Jahren wiederkommt, nachdem Deutschland letztmals 1953 im Halbfinale einer WM gestanden hatte.

Doch als wir dann am Sonntagabend in einer Kölner Diskothek den Abschluss dieses grandiosen Turniers feierten, da war alle Enttäuschung längst dem Stolz gewichen, den wir alle empfinden. Hey, wir sind die viertbeste Nation der Welt gewesen in diesen Wochen, wir haben mit den großen Nationen mitgehalten und unsere Topleistung über neun Spiele abgerufen. Der Fakt, dass in der Disko wirklich das ganze Team gemeinsam gefeiert hat, erklärt auch schon das wichtigste Erfolgsrezept: Wir haben es geschafft, einen echten Teamgeist zu entwickeln. Wir hatten keine Überflieger dabei, sondern eine tolle Mischung aus Jungs, die alle bereit waren, über ihre Grenzen zu gehen.

Und das ist wohl auch schon der Kern des Geheimnisses. Dass ein Team, das im Vorjahr sportlich abgestiegen war und nur dank der Gastgeberrolle mitspielen durfte, plötzlich das Halbfinale erreicht, ist nur möglich, wenn alle konstant über ihrem Niveau spielen. Ich möchte allerdings besonders unsere Abwehr loben. Man hat gemerkt, dass wir einige Jungs aus Übersee dabei hatten, die schnelles Eishockey gewohnt sind. Und weil unsere Torhüter alle drei überragend gehalten haben, war es möglich, in neun Spielen nur 14 Gegentore zu bekommen.

Natürlich hätte ich nie damit gerechnet, dass wir das Halbfinale erreichen könnten. Andererseits bin ich auch überzeugt davon, dass es nicht wieder sieben Jahre dauern wird, bis ein deutsches Team die Zwischenrunde übersteht. Wir haben durch diese WM eine Menge Selbstvertrauen getankt. Wenn wir jetzt weiter Gas geben und uns auf dem Erfolg nicht ausruhen, können wir auch nächstes Jahr in der Slowakei überraschen. Den Respekt der anderen Nationen dürften wir uns erarbeitet haben. Natürlich hat der Heimvorteil eine Rolle gespielt, die Fans haben uns getragen. Aber man hat auch gesehen, dass die Spitze enger zusammengerückt ist. Ich habe mich gefreut, dass die Tschechen Weltmeister geworden sind, weil das zeigt, dass ein Team der Namenlosen eine Ansammlung von Stars wie die Russen besiegen kann.

Für mich persönlich, das will ich nicht verhehlen, war diese WM schon eine Genugtuung. Nachdem ich aus dem Olympiakader geflogen war, habe ich mir fest vorgenommen, weiter an mich zu glauben und hart zu arbeiten. Dass ich dafür belohnt worden bin, macht mich glücklich und zeigt mir, dass mein Weg richtig war. Ich bin auch unserem Trainer Uwe Krupp sehr dankbar dafür, dass er mich nie als gesetzt betrachtet hat. Das hat mir ermöglicht, alles aus mir herauszuholen. Über meine drei Tore habe ich mich natürlich auch sehr gefreut. Das Tor gegen die Slowakei war der wichtigste Treffer meiner Karriere, so etwas bleibt für immer im Kopf.

Was nehme ich mit von dieser WM? Eine Menge positiver Emotionen und Erfahrungen, dazu mein goldenes und mein schwarzes Trikot. Das goldene wird das erste sein, das ich mir eingerahmt aufhänge. Ansonsten werde ich nun erst einmal versuchen, nicht an Eishockey zu denken. Mein Klub, die Hamburg Freezers, sind momentan sehr weit weg. Ich habe noch gestern erneut meine Tasche gepackt und bin in den Türkei-Urlaub geflogen, wo ich mich bis Sonntag mit Kumpels aus der Eishockeyszene vergnüge. Am 2. Juni wird mir im UKE der Nagel aus dem vor zwei Jahren gebrochenen Oberschenkel entfernt. Dann beginnt wieder die Reha, und so ist es im Sport eben wie im Leben: Auf Höhen folgen Tiefen. Aber mit den Gedanken an diese WM werde ich auch diese Reha gut überstehen.