Bundestrainer Heiner Brand über die Unterschiede der beiden Meisterschaftsrivalen

Abendblatt:

Herr Brand, verraten Sie uns Ihren Meistertipp?

Heiner Brand:

Da lege ich mich grundsätzlich nicht fest. Zumal in diesem Fall die Chancen ausgeglichen sind. Nicht zu unterschätzen ist der Heimvorteil des HSV. Ich hatte ursprünglich Hamburg favorisiert, seit der Champions-League-Niederlage gegen Ciudad Real bin ich mir aber nicht mehr so sicher. Am Ende werden Kleinigkeiten den Ausschlag geben. Wie immer wird die Torhüterleistung in Abstimmung mit der Deckung eine entscheidende Rolle spielen.

Was zeichnet Kiel, was den HSV aus?

Hamburg bevorzugt, ähnlich wie wir in der Nationalmannschaft, einen sehr strukturierten Handball mit klaren Spielzügen, aufbauend auf Auslösehandlungen. Die Kieler verlassen sich sehr auf ihre individuelle Stärke und suchen den schnellen Abschluss. Sie haben viel Power im Rückraum, das sind Leute, die können aus zwölf Metern Tore machen. Mir persönlich kommt das strukturierte Spiel seit dem Weggang von Stefan Lövgren etwas zu kurz.

Beide Mannschaften haben für den Titel einen Aufwand getrieben wie noch nie und Millionentransfers getätigt. Wie gefällt Ihnen diese Entwicklung?

Sie ist nicht ungefährlich. Das Wettrüsten an der Spitze lässt die Preise auch für durchschnittliche Spieler steigen. Darunter haben die Vereine im Mittelfeld zu leiden. Wenn man die Tabelle sieht, kann im Moment sportlich keine Mannschaft mit den beiden Spitzenteams mithalten. Ein Zwei- oder Dreikampf an der Spitze macht aber auf Dauer die Liga nicht attraktiver.

Werden Sie die Gelegenheit am Sonnabend nutzen, um für die Länderspielreise der Nationalmannschaft in die USA im Juli zu werben? Aus Hamburg und Kiel hatte es viel Kritik gegeben, weil die Reise in die Vorbereitungszeit fällt.

Zu werben ist nicht meine Aufgabe. Es gab da offenbar Kommunikationsprobleme zwischen Liga und Vereinen. Wir haben diesen Termin frühzeitig angemeldet. Mir ist zwar bewusst, dass die Spieler aus dem Urlaub kommen, aber ich sehe darin sportlich kein Problem. Ich gehe davon aus, dass alle Nationalspieler zur Verfügung stehen.

Halten Sie es für denkbar, dass nach der Ära des THW Kiel jetzt die Zeit des HSV kommt?

Ich sehe die Chancen auch im nächsten Jahr eher ausgeglichen. Wenn man die finanziellen Möglichkeiten betrachtet, läuft alles auf einen Zweikampf hinaus, in den allenfalls die Rhein-Neckar Löwen noch eingreifen können.