Die Beichte des disqualifizierten Tour-de-France-Siegers Floyd Landis erschüttert den Radsport

Hamburg/Washington. Jahrelang hat Floyd Landis, 34, mit Lügen gelebt. Vehement hat er jeden Dopingvorwurf bestritten, selbst nach der eindeutigen Disqualifikation als Tour-de-France-Sieger 2006 fühlte er sich als verfolgte Unschuld, ersann Verschwörungstheorien und opferte sein gesamtes auf den Bergpässen erstrampeltes Vermögen für seine Verteidigung. Damit ist jetzt Schluss. Der amerikanische Radprofi hat gestern ein umfassendes Dopinggeständnis abgelegt. Landis ist damit der prominenteste Kronzeuge einer verseuchten Sportart.

Mehr noch: Durch Landis' Bekenntnis ist der erfolgreichste Radrennfahrer aller Zeiten, der siebenmalige Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong, wieder mächtig unter Druck geraten. Armstrong und dessen sportlicher Leiter Johan Bruyneel, hätten ein ausgeklügeltes Dopingnetz gesponnen, so Landis.

"Ich will ein reines Gewissen", sagte der Radsportler, dessen internationale Karriere nun beendet sein dürfte, zur Begründung seiner Enthüllungen. "Ich tat, was alle taten." Den Zeitpunkt habe er gewählt, weil der Missbrauch verbotener Substanzen nach acht Jahren verjähre. Landis hat seine Dopingbeichte bereits dem Radsportverband USA Cycling und der Weltorganisation UCI zukommen lassen. Jetzt machte er sie gegenüber dem Internetportal ESPN.com und dem "Wall Street Journal" öffentlich. Danach hat Landis zwischen 2002 und 2006 auf ein gewaltiges Arsenal zurückgegriffen: Epo, Testosteron, Wachstumshormone und Blut-Transfusionen - für 90 000 Dollar im Jahr. Er habe exakt Buch geführt und könne die Unterlagen zur Verfügung stellen.

Begonnen habe alles im Jahr 2002, als ihm Bruyneel während der französischen Dauphiné-Rundfahrt erklärte, "wie man Testosteron-Pflaster benutzt", berichtet Landis. Später sei ihm in Armstrongs Wohnung Blut abgenommen worden. Dort habe er in einem Kühlschrank auch Blutbehälter unter anderem von Lance Armstrong gesehen. Armstrong habe ihm gezeigt, wie die Mittel am besten funktionierten. Auch andere US-Fahrer wie George Hincapie, Levi Leipheimer und Dave Zabriskie bezichtigte er des Dopings. Später sei auch beim Schweizer Phonak-Team weiter betrogen worden - mit Wissen des Teammanagers Andy Rihs.

Die Reaktionen waren erwartbar. Lance Armstrong sagte knapp: "Die Anschuldigungen sind es nicht wert, kommentiert zu werden. Ich vergeude nicht meine Zeit." UCI-Präsident Patrick McQuaid sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Was will er denn damit erreichen? Seine Glaubwürdigkeit ist gleich Null." Der Radsport, behauptete McQuaid, habe sich gerade von einigen Rückschlägen erholt. Es sei nicht das erste Mal, dass Armstrong angeklagt werde, "aber bis jetzt gibt es noch keine Beweise". Auch Rihs wies die Vorwürfe zurück: "Weder ich noch die Führung des Teams wussten, dass Landis dopte."

Landis' Dopingsperre war am 20. Januar 2009 abgelaufen. Französische Behörden hatten einen nationalen Haftbefehl gegen ihn erlassen, weil er eine Hacker-Attacke gegen ein französisches Dopinglabor in Auftrag gegeben habe. Nun sagt Landis, die Jahre der Täuschung hätten ihn psychisch stark belastet. Am schwersten sei ihm allerdings ein ganz privates Gespräch gefallen - seiner Mutter die Wahrheit zu sagen.