1908 spalteten sich 43 Mitglieder stinksauer vom späteren AC Milan ab und gründeten einen Klub, in dem nicht nur Italiener spielen durften.

Madrid. Giorgio Muggiani schnappte sich einen alten Bierdeckel und malte einfach drauflos. Der künstlerisch begabte Protokollführer kritzelte im Mailänder Szenetreff L'Orologio nahe der Piazza del Duomo mit blauem und schwarzem Stift ein Wappen mit den ineinander verschlungenen Buchstaben "FCIM". Der Football Club Internazionale Milano, inzwischen lange weltweit als Inter bekannt, war geboren.

Heute gilt der 9. März 1908 als Datum von großem fußballhistorischen Wert - und als Beginn der erbittertsten Rivalität im italienischen Calcio. Denn an jenem Montagabend spalteten sich 43 Mitglieder stinksauer vom Milan Cricket and Football Club, inzwischen lange weltweit als AC Milan bekannt, ab. Ihr Ansinnen: Ein Klub, in dem nicht nur Italiener spielen durften.

Dass 102 Jahre später nur selten ein Italiener für Inter aufläuft, darf allerdings als Zufall oder Marotte von Star-Trainer Jose Mourinho gewertet werden. Denn seit 1908 hat Grande Inter eine Erfolgsgeschichte geschrieben - stets mit dem typisch italienischen Schuss Dramatik.

Inter Mailand hat einige Legenden hervorgebracht, aber auch ganz schwere Zeiten erlebt. Unter dem Faschistenführer Mussolini war der Name Internazionale verpönt, die Zwangsumbenennung in AS Ambrosiana raubte dem Verein die Identität. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Frevel rückgängig gemacht. Die Mannschaft um den legendären Giuseppe Meazza, der Italien 1934 und 1938 zum WM-Titel führte, war damals noch für einen leichtfüßig-eleganten Stil bekannt.

Rund 20 Jahre später hatte sich dies radikal geändert. Der Argentinier Helenio Herrera, Vater der Riegeltaktik "Catenaccio" und ehrfürchtig "Sklaventreiber" genannt, wurde zum Baumeister von Grande Inter, das 1964 und 1965 jeweils mit Giacinto Facchetti und Sandro Mazzola Weltpokalsieger wurde. Unansehnlich erfolgreich - es führt auch 2010 noch zum Erfolg.

Die Übernahme durch den Ölbaron Angelo Moratti 1955 bildet eine Zäsur. In seinen ersten fünf Jahren verschliss der Vater des heutigen Klubeigners Massimo Moratti elf Trainer, ehe er "Il mago" (der Zauberer) Herrera das Vertrauen schenkte.

Ende der 60er Jahre fiel Inter in ein Loch, erst die "deutsche" Phase brachte den Erfolg zurück an die Via Durini. Mit Lothar Matthäus und Andreas Brehme holte Inter 1989 den Scudetto, 1991 mit Jürgen Klinsmann die Meisterschaft und den UEFA-Cup, den ersten internationalen Titel seit 26 Jahren.

Doch zuvor hatten die Nerazzuri ein kurioses Kapitel Fußballgeschichte geschrieben. Im Oktober 1971 lag Inter im Achtelfinal-Hinspiel des Landesmeister-Pokals bei Borussia Mönchengladbach 1:2 zurück, als Inter-Spieler Roberto Boninsegna, angeblich von einer Cola-Dose getroffen, theatralisch zu Boden sank. Inter versperrte die Kabine, kein offizieller Arzt durfte Boninsegna untersuchen. Das Spiel, das die Borussia 7:1 gewonnen hatte, wurde später annulliert.

Seit 1995 führt Massimo Moratti - mit einer kurzen Unterbrechung - den Klub, obwohl Mutter Erminia für diesen Fall mit Enterbung gedroht hatte. Mit 750 Millionen Euro brachte Moratti Inter auf Augenhöhe mit dem AC - trotz des guten Rates von Beppe Severgnini.

"Es ist nicht die Schuld des AC Milan, dass alle Interisti eine tragische Heldin lieben", sagte der Fußball-Philosoph und empfahl, sich mit der Unterlegenheit abzufinden. Denn, überaus tröstlich: "Als Kleopatra Selbstmord beging, sprach jedermann nur von ihr, jedoch niemand von der Schlange, die sie vergiftet hatte."