Um zehn Jahre sei er gealtert, sagte Titelverteidiger Viswanathan Anand nach Beendigung der WM-Partien.

Berlin/Sofia. Bei der TV-Schalte in seine Heimat Indien strahlte Viswanathan Anand über das ganze Gesicht. Die Mutter des alten und neuen Schach-Weltmeisters war direkt zugeschaltet und durfte ihrem Sohn als eine der ersten zur erfolgreichen Titelverteidigung gratulieren. Kurz zuvor hatte sich der "Tiger von Madras" in Sofia in einem wahren Showdown gegen Herausforderer Wesselin Topalow nach 4:32 Stunden den entscheidenden Sieg in der 12. und letzten Partie gekrallt.

"Das war das härteste Match meiner Karriere. Ich bin um zehn Jahre gealtert", sagte Anand, der erstmals seit Beginn des Duells um die Schachkrone sichtlich gelöst wirkte. Kein Wunder, schließlich durfte sich der 40-Jährige nach dem 6,5:5,5-Gesamtsieg gegen den Lokalmatadoren Topalow über die höchste Prämie der WM-Geschichte freuen: 1,2 Millionen Euro.

Allerdings profitierte Anand, der seit 2007 alleiniger Champion im Spiel der Könige und in Indien längst ein Volksheld ist, in der 12. Partie von einem haarsträubenden Patzer seines Kontrahenten. Topalow öffnete fast laienhaft die Stellung seines Königs, was dazu führte, dass erstmals in diesem WM-Duell ein Spieler mit den schwarzen Steinen gewann.

"Ich möchte meinem Team danken und natürlich meiner Frau", sagte der Inder. Ehegattin Aruna ist Anands Managerin. Zusammen tingelt das Duo von Turnier zu Turnier, dazwischen pendeln sie zwischen ihren Wohnorten in Indien, Spanien und dem hessischen Bad Soden am Taunus.

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Gelernt hat "Vishy" das Schachspiel im Alter von sechs Jahren, seine Lehrerin war seine Mutter. Allerdings durfte er damals nur Turniere spielen, wenn er gute Schulnoten nach Hause brachte - was aber häufig der Fall war. So nahm er schon als 14-Jähriger für Indien an der Schacholympiade teil und wurde drei Jahre später Jugendweltmeister.

Bei seinem ersten WM-Triumph im Jahr 2000 musste sich der Bundesliga-Spieler vom deutschen Meister OSC Baden-Baden als Sieger des Weltverbandes FIDE die Ehre noch mit dem "klassischen" Weltmeister Kramnik teilen. Seit 2007 ist Anand, der bereits fünfmal als bester Spieler des Jahres mit dem "Schach-Oscar" ausgezeichnet wurde, alleiniger Schach-Weltmeister.

Nun hatte der Champion offenbar auch keine Probleme damit, in Topalows Heimat zu spielen. "Die Organisation war super. Ich fühlte mich sehr wohl hier. Wenn man erstmal anfängt, Schach zu spielen, denkt man gar nicht mehr an das Drumherum", sagte Anand.

Während im Lager des Inders nach dem Sieg noch lange gefeiert wurde, war bei Herausforderer Topalow Trübsal angesagt. "Für mich war es kein Vorteil, in Bulgarien zu spielen. Der Druck war doch sehr groß", sagte Topalow, der am Ende des Duells tatsächlich die Nerven verlor.

Der 35-Jährige kündigte dennoch die baldige Rückkehr im Kampf um die Schach-Krone an: "Ich befinde mich auf einem sehr professionellen Niveau und glaube, dass ich wieder angreifen kann im nächsten WM-Zyklus", sagte Topalow. Die Chance, der 16. Weltmeister im klassischen Format zu werden, hat der Bulgare aber frühestens 2012 - voraussichtlich in London. Im nächsten Jahr stehen zunächst die Kandidatenwettkämpfe an. Dafür ist Topalow als Vize-Weltmeister immerhin qualifiziert.