Amateurfußball: Trainer Fischer kennt Torrezept seines Spielers, Dinzey schweigt, Örün umarmt Ex-Coach, Norderstedt landet Sieg für Geschichtsbücher

Twitter-Trainer Dinzey. Den Eindruck, Gespräche mit Journalisten im Amateurfußball seien verschwendete Lebenszeit, erweckt seit Amtsantritt beim Hansa-Landesligisten Klub Kosova St. Paulis Ex-Profi Michél Mazingu-Dinzey. Bei seiner Inthronisierung vor zwei Wochen ließ er den Medienvertretern über Manager Anton Mazrekaj mitteilen, er wolle „keinen Hype um seine Person“ und habe „keine Zeit“. Letztere seitdem mehrfach genutzte Begründung teilte er den Reportern im Laufschritt auch nach dem verdienten 0:0 seiner Mannschaft in Buxtehude mit. Bereits in der Partie hatte Dinzey darum gebeten, am Spielfeldrand nicht so oft fotografiert zu werden, da sich seine Gestik nicht ändern werde. Manager Mazrekaj übernahm die Spielanalyse – und bat um Verständnis für seinen Coach: „Michél spricht nicht mit der Presse. Wir können ihn nicht zwingen. Vielleicht ist er im Amateurbereich noch nicht so richtig angekommen.“

Fans des an den Pokalerfolgen des FC St. Pauli in der Saison 2005/2006 beteiligten 41-Jährigen, der bereits als Spieler am Millerntor über längere Zeit Interviews ablehnte und den Spitznamen „Schweiger“ erhielt, müssen auf Dinzey allerdings nicht verzichten. Auf Twitter veröffentlichte er neben Gedanken zum Duell in Buxtehude („Top, einen Punkt mitgenommen, haben sie sehr gut gemacht“) und Interview-Tipps für seinen Gladbacher Trainerkollegen („Kann dem Favre mal jemand sagen, das Mikro zum Mund führen und reinreden“) bereits über 37500 Tweets und hat 1540 Follower. Zudem ist er auf journalistischer Mission unterwegs – als Experte für TV-Sender Sport1.

Sonderlob für Höhns. Professionell kommentierte nach dem 0:0 gegen Kosova Buxtehudes Trainer René Klawon das Spiel. Das Glück habe gefehlt. Dennoch sei der errungene Startrekord von 34 Punkten aus zwölf Spielen „positiv für uns. Es war klar, dass wir nicht durchmarschieren. Das wäre ungerecht gegenüber den anderen Teams, die auch trainieren“, sagte Klawon schmunzelnd – und verteilte ein Sonderlob: „Ich meckere oft über Schiedsrichter. Aber die Leistung von Adrian Höhns war die beste, die ich seit langem gesehen habe. Er hat superstark gepfiffen.“

Örüns große Geste. Mitgefühl bei der Einleitung einer grandiosen Aufholjagd zeigte Erdinc Örün vom Hansa-Landesligisten FC Türkye nach seinem Tor zum 1:2 (Endstand 4:2) in der Partie gegen den MSV Hamburg. Örün übersprang die Bande und kletterte auf die Tribüne des Sportplatzes an der Landesgrenze, um dort seinen Ex-Trainer Teodori Fici herzlich zu umarmen.

Fici hatte vergangene Woche trotz des zweiten Tabellenplatzes seinen Rücktritt erklärt. „Der Vorstand setzte die Mannschaft unter anderem wegen seiner Sponsoren zu sehr unter Druck, gab mir nicht wie besprochen die Zeit, um meine Spielphilosophie umzusetzen“, begründete Fici seine Demission. Manager Klaus Klock, der die Mannschaft bis zum Winter übernimmt, hatte den Vorwurf der Einmischung in Ficis Arbeit zurückgewiesen.

Die ganze Widersprüchlichkeit des Trainerwechsels trat schließlich in Örüns Kommentar zutage: „Ich hatte eine gute Bindung zu Fici als Trainer und als Mensch. Das ging vielen Spielern in der Mannschaft so. Er hat selber aufgehört und das ist sehr schade. Aber wir müssen die Entscheidung des Vorstands akzeptieren.“

Blitzschnell reagiert. Tim Vollmer hielt eine silberne Statue in den Händen. Er wurde als bester Spieler der eigenen Mannschaft vom Trainergespann um Michael Fischer ausgewählt und strahlte den Wanderpokal an. Vollmer war der einzige Torschütze in der Oberligapartie bei Barmbek-Uhlenhorst, mit dem Pinneberg der Sprung auf Platz zwei gelang. Der Innenverteidiger schaltete nach einem Freistoß am schnellsten und bewies seinen Torriecher. „Ich habe blitzschnell reagiert, den macht nicht jeder“, sagte Vollmer lachend, während Trainer Fischer den Treffer ironisch kommentierte: „Er stand da nur dumm rum.“

Fußball-Wahnsinn. Der SC Victoria (0:2 gegen Hannover II) und der FC St. Pauli II (0:3 in Oldenburg) verloren, der HSV II siegte 6:2 in Flensburg (Robert Tesche und Fabio Morena trafen), doch der Fußball-Wahnsinn der Regionalliga Nord spielte sich beim Duell zwischen Eichede und Norderstedt ab. Mit zehn gegen elf machten die Gastgeber aus einem 1:4 ein 4:4, ehe Björn Nadler mit einem Traumtor in den Winkel (87.) und Yayar Kunath (90.+3) Norderstedt zum 6:4-Sieg verhalfen. „Nach Eichedes 2:4 hatten wir Versagensängste. So etwas passiert selbst großen Teams. Als es 4:4 stand, dachten sich die Jungs wohl, dass sie jetzt sowieso die Deppen sind – und spielten wieder wie vorher“, sagte Norderstedts Co-Trainer Stefan Siedschlag.

Noch mehr Wahnsinn. Ein Kunststück gelang auch Hammonia-Landesligist UH-Adler gegen Schenefeld. Trotz dreier Feldverweise erzielte das Team in der 94. Minute mit acht Spielern durch Sören Seifert das 2:2.