Urteil stärkt Rechte der Pauschalurlauber – was sich nach der jüngsten Entscheidung des BGH ändert

Der Bundesgerichtshof hat in einem wegweisenden Urteil die Rechte von Pauschalurlaubern gestärkt: Reiseunternehmen dürfen von ihnen nur noch in Ausnahmefällen mehr als 20 Prozent Anzahlung verlangen (Az.: XZR 85/12 u.a.). Aber was bedeutet das ganz konkret für den Urlauber?

Eigentlich muss eine Pauschalreise laut Bürgerlichem Gesetzbuch erst bezahlt werden, wenn man im Gegenzug auch die Leistung erhält. Das heißt in der Praxis erst kurz vor der Abreise, mit den Reiseunterlagen. Eine Anzahlung von zehn bis 15 Prozent war aber schon immer üblich. Die wurde allerdings in den vergangenen Jahren von den Veranstaltern Schritt für Schritt auf zuletzt 25 Prozent angehoben. Das ist nun nicht mehr pauschal zulässig. Gleichzeitig schob der BGH immer früheren Endzahlungspflichten einen Riegel vor. Er entschied, dass die Zahlung des Restpreises 30 Tage vor Reisebeginn „angemessen“ sei. Üblich waren zuletzt bereits 45 Tage vor dem Abflugtermin.

Die neue Regelung gilt nicht unmittelbar auch für bereits gebuchte Reisen, sagt der bekannte deutsche Reiserechtler Ronald Schmid. Für den Urlauber ungünstigere Regeln aus bereits geschlossenen Reiseverträgen bleiben also trotz des neuen Urteils zunächst wirksam. Dennoch haben auch die Urlauber, die schon gebucht haben, etwas von der Entscheidung: Ein vernünftiger Reiseveranstalter werde sich nicht mehr auf seine alten AGB-Regeln berufen, meint Schmid. Und wenn doch, dann müsse eben ein Gericht entscheiden, ob die damals vereinbarte Anzahlungsregel mit dem BGH-Urteil noch vereinbar sei.

Die neuen Regelungen betreffen auch die Stornogebühren

Ausnahmen von dem Urteil hat der BGH ausdrücklich zugelassen. Reiseveranstalter können weiter höhere Anzahlungen verlangen, zum Beispiel wenn sie selbst früher zahlen müssen. Diese Einschränkung hebt auf die boomenden X-Reisen ab: Pauschalreisen, die vom Computer tagesaktuell zum Paket geschnürt werden. Die Besonderheit solcher „dynamischer“ Pauschalen: Sie basieren oft auf Linien- oder Low-Cost-Flügen, und die Airlines wollen stets sofort nach der Buchung den kompletten Flugpreis bezahlt bekommen. Dasselbe gilt für Frühbucherangebote von Hotels: Die sind zwar günstig, dafür wollen die Hoteliers aber auch gleich Geld in der Kasse sehen. Wie solche Reisen künftig zu behandeln sind, muss nun erst noch das Oberlandesgericht Celle entscheiden. Dorthin hat der BGH den Fall zur Detailklärung zurückverwiesen. Klärungsbedarf gibt es offenbar reichlich. Denn der Reisekonzern TUI hat bereits angekündigt, dass er für sämtliche exklusiv angebotenen Hotels weiter 25 Prozent Anzahlung kassieren will – und das sind 90 Prozent der gesamten TUI-Produktpalette.

Wer eine Reise zum Beispiel wegen Krankheit nicht antreten kann, der muss eine Abstandszahlung leisten: das sogenannte Storno. Auch in dem Punkt waren die Verbraucherzentralen erfolgreich: Pauschal gestaffelte Kosten bei Reisestornierungen sind nach dem BGH-Urteil nicht mehr zulässig. Die Veranstalter können die Stornosätze also künftig nicht mehr generell für alle Reisen nach der Anzahl der verbleibenden Tage bis zum Reiseantritt staffeln. Stattdessen müssen sie nach dem Urteil genaue Gründe für die Höhe der Stornorechnung angeben. Die Umsetzung dürfte allerdings noch eine Weile dauern, aktuell verlangt zum Beispiel TUI bis zum 31. Tag vor Reiseantritt 25 Prozent des Reisepreises und steigert die Summe bis auf 90 Prozent ab drei Tagen vor Reisebeginn.

Offiziell betroffen von der neuen Regelung sind nur Pauschalreisen. Das sind Reisen, bei denen mindestens zwei Hauptleistungen, meist Flug und Hotel, im Paket bei einem Veranstalter gebucht werden. In der Praxis wenden Gerichte mittlerweile aber auch beim Kauf von Einzelleistungen das verbraucherfreundliche deutsche Pauschalreiserecht an, wenn man zum Beispiel nur den Flug bei einem Veranstalter gebucht hat. Wer ohne Veranstalterhilfe bei einer Airline bucht, der muss vorläufig weiter gleich die volle Summe zahlen. Auch hiergegen hängen aber Klagen der Verbraucherverbände an.

Für neue Buchungen empfehlen Verbraucherzentralen und Juristen dem Urlauber: Sehen Sie nicht nur auf den Preis, sondern auch auf Vorauszahlungssumme und -termin sowie auf die Stornosätze. Es ist ja niemand gezwungen, diesen oder jenen Veranstalter zu buchen. Einfacher ist es jedenfalls, vor Buchung der Reise zu fragen, wie hoch die Anzahlung sein wird – und dann gegebenenfalls einen anderen Veranstalter zu wählen.