Die beiden Schiffsgiganten „Titanic“ und „France“ sollen wiederauferstehen. Für die begehrten Plätze auf der Jungfernfahrt werden bereits Millionen-Beträge geboten.

Jeder weiß, wo er gesellschaftlich hingehört. Die Restaurants sind strikt unterteilt in drei Klassen. Je nach Ticket speisen die Passagiere entweder in einem edel verzierten Salon oder löffeln an langen Tischen unter Deck irischen Eintopf – unterhalten von Fiedelmusik und Trommeln. Selbstverständlich wird genau darauf geachtet, dass sich die Klassen nicht vermischen. Alles an Bord soll genau so sein wie im April 1912. Von dem Eisberg mal abgesehen ...

Bereits im Jahr 2016 soll die „Titanic II“ von Southampton aus zu ihrer Jungfernfahrt über den Atlantik aufbrechen. Mehr als 100 Jahre nach dem Untergang der ersten „Titanic“ möchte der australische Bergbau-Magnat Clive Palmer einen originalgetreuen Nachbau auf die gleiche Route schicken, die einst das Unglücksschiff auf seiner ersten und letzten Fahrt nahm.

Allerdings soll die neue „Titanic“ den New Yorker Hafen auch erreichen. Palmer und sein Chef-Designer Markku Kanerva erklärten bereits, dass die „Titanic II“ den höchsten Sicherheitsstandards entsprechen werde. Zudem werde das Schiff – anders als bei der Katastrophe am 15. April 1912 – ausreichend Rettungsboote für die bis zu 2500 Passagiere an Bord haben. Mehr als 1500 Menschen waren damals ums Leben gekommen, als die „Titanic“ nach einer Kollision mit einem Eisberg im Atlantik versank.

Fotoshooting am Bug – wie Kate Winslet und Leonardo DiCaprio

Wie 1912 wird es auf dem neuen Ozeanriesen kein Fernsehen, kein Telefon und kein Internet für die Passagiere geben. „Die ‚Titanic‘ bietet einen guten Grund, sich wieder auf sich selbst und seine Liebsten zu konzentrieren“, sagt Clive Palmer: „Was meinen Sie, wie viele Ehen ich retten werde ...“

Immerhin wird das neue Schiff zehn Zentimeter länger sein als das Original. „Wir planen vorn am Bug extra Platz für eine Kamera ein“, sagt Investor Palmer. „Dort können sich die Fahrgäste mit ausgestreckten Armen wie Leonardo DiCaprio und Kate Winslet fotografieren lassen“ – das berühmte Liebespaar aus dem Kino-Klassiker „Titanic“ von James Cameron. Gebaut wird die „Titanic II“ in der chinesischen Werft CSC Jinling Shipyard. „Die ‚Titanic‘ spricht jeden an. Wir haben schon 40.000 Interessenten. 16 Menschen haben bereits eine Million Dollar und mehr geboten, um auf der Jungfernfahrt dabei zu sein“, sagt Palmer. Er selbst würde dann auch an Bord sein – als Passagier der 3. Klasse: „Da ist es doch am spaßigsten.“

Auch in Frankreich geht es zurück in die Zukunft. Die „France“ soll wiederauferstehen. Und zwar als „Kreuzfahrtschiff der Zukunft“, erklärt der Initiator und Pariser Unternehmer Didier Spade. Die Entwürfe für den neuen Schiffsgiganten sind fertig, nur mit den Finanzen hapert es noch. Zwischen 350 und 400 Millionen Euro dürfte das Projekt verschlingen, eine Summe, die durch Investmentfonds aufgebracht werden soll. Ginge es nach Spade, würden sich möglichst viele seiner Landsleute an der „France“ beteiligen: „Mit 50 oder 100 Euro, um selbst ein Stück Frankreich auf den Weltmeeren zu besitzen.“

Die Vorgängerin, die am 11. Mai 1960 in Saint-Nazaire vom Stapel lief, war das Traumschiff der Franzosen. Mit 315 Meter Länge übertraf die „S.S. France“ sogar noch die „Titanic“ und den Eiffelturm. Die Fahrt von Le Havre nach New York schaffte sie in nur fünf Tagen. Der Liner mit der schlanken Silhouette, üppig ausgestattet mit französischer Kunst, beförderte in den 1960er-Jahren Passagiere wie Audrey Hepburn, Salvador Dalí, die Beatles und sogar die Mona Lisa – auf dem Weg zu Ausstellungen in Washington und New York.

Doch 1974 strich die französische Regierung unter Giscard d’Estaing der Reederei die Subventionen. Die Gelder wurden für ein neues Prestigeprojekt gebraucht: das Überschall-Passagierflugzeug Concorde. Das war das Ende für die „France“. Die Nachfolgerin soll ein Schaufenster des modernen Frankreichs sein, mit dem besten, was das Land an Kunst, Design und gutem Geschmack zu bieten hat. So lautet der Masterplan von Didier Spade, der viele Franzosen elektrisiert. „Eleganz und Luxus werden sich aber deutlich vom Hochhausstil moderner Kreuzfahrtschiffe absetzen“, erklärt Spade. Seine Entwürfe zeigen ein 255 Meter langes Schiff, dessen schnittige, schnörkellose Form an moderne Superyachten erinnert. Das offene, terrassenartige Heck führt in mehreren Stufen nach unten, bis zur Meeresoberfläche, wo die Kreuzfahrer eine Art Strand- und Wassersport-Areal erwartet. Der Pool ist in den Zeichnungen auf der obersten dieser Stufen-Ebenen vorgesehen.

Die Pläne versprechen das Flair einer romantischen Insel

Die beiden riesigen Aufbauten, welche die Optik des Schiffes so deutlich beherrschen, sind eine Anspielung auf die Schornsteine der alten „France“. Ein Trompe-l’Œil im Stil eines Illusionismus, den schon Frankreichs Sonnenkönige liebten. Zwischen den überdimensionalen Pseudo-Schornsteinen, die Platz für Restaurants und Lounges bieten, soll ein 1500 Quadratmeter großer Palmengarten wuchern, um der „France“ das Flair einer romantischen Insel zu verleihen. Involviert in das ehrgeizige Projekt ist auch Alain Ducasse, Frankreichs meistdekorierter Sternekoch. Selbst für ihn dürfte die Messlatte hoch liegen, schließlich galt die letzte „France“ in den 1960er-Jahren doch als das „beste Restaurant Frankreichs“.

Es existieren noch Originalspeisekarten, die belegen, dass die betuchte Klientel von einst offensichtlich einen gesunden Appetit hatte. Ein zehngängiges Menü umfasste beispielsweise Hors d’œuvres, Suppe, Rührei, Forelle, Ballotine de dindonneau (gefüllte Babyputenbrust), Salat, Käse, zwei verschiedene Desserts und Früchte. Und auch für mitreisende Haustiere gab es Gourmetkost.